Zum Stichtag 31. Dezember 2020 lebten in Deutschland knapp 1,9 Millionen geflüchtete Menschen. 2020 hat sich diese Zahl im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig um 36.000 erhöht. Etwa 1,4 Millionen von ihnen haben einen gesicherten Aufenthaltsstatus, 450.00 verfügen lediglich über eine Duldung oder eine Aufenthaltsgestattung, weil über ihren Asylantrag noch nicht entschieden wurde. Die Angaben basieren auf Daten aus dem Ausländerzentralregister (AZR), die die Bundesregierung auf Anfrage der Linksfraktion veröffentlicht hat.
Ein Teil der Menschen, die ursprünglich als Flüchtlinge nach Deutschland kamen, lebt schon seit Jahrzehnten hier. Viele der geflüchteten Menschen in Deutschland kamen aber im Rahmen der großen Fluchtbewegungen seit 2014 her, häufig aus den Herkunftsländern Syrien, Irak und Afghanistan. Gestiegen ist seitdem vor allem die Zahl der Geflüchteten, denen ein internationaler Schutzstatus oder ein nationales Abschiebungsverbot zuerkannt wurde: von knapp 200.000 Ende 2014 auf 1,15 Millionen Ende 2020.
Duldungsgründe nur ungenau erfasst
236.000 Menschen mit einem Fluchthintergrund sind lediglich geduldet. Das bedeutet, dass sie eigentlich ausreisepflichtig sind, ihre Abschiebung aber momentan aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Fast zwei Drittel von ihnen leben schon länger als drei Jahre in Deutschland, bei fast einem Viertel beträgt die Aufenthaltsdauer mehr als fünf Jahre. 26 Prozent der Geduldeten sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
Die Duldungsgründe erfasst das AZR nur sehr ungenau. In knapp einem Drittel der Fälle ist überhaupt kein Grund gespeichert. Bei 37 Prozent werden als Duldungsgrund fehlende Reisepapiere angegeben. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, dass die Ausreise tatsächlich hieran scheitert. Beispielsweise wird bei mehr als einem Drittel der Geduldeten aus Afghanistan die Duldung auf diese Weise begründet. Allerdings verbieten sich Abschiebungen in dieses Land in den meisten Fällen aufgrund der lebensgefährlichen Verhältnisse, die dort herrschen – ganz unabhängig davon, ob Reisepapiere vorhanden sind.
Wirksame Bleiberechtsregelung fehlt
Bei einem Fünftel der Geduldeten besteht ein Abschiebstopp, weil sie eine Ausbildung machen, schutzwürdige familiäre Bindungen haben oder weil medizinische Gründe der Abschiebung entgegenstehen. Wie alle Geduldeten sind diese Menschen jedoch von einer gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft weitgehend ausgeschlossen. Um ihnen eine sichere Perspektive zu eröffnen, die beispielsweise auch das Recht umfasst, die Familie zu sich zu holen, wird dringend eine wirksame Bleiberechtsregelung benötigt. Die Voraussetzungen für ein Bleiberecht sind bislang viel zu hoch.
Knapp 760.000 Menschen waren Ende 2020 mit einem abgelehnten Asylantrag im AZR registriert. Dabei muss berücksichtigt werden, dass fast drei Viertel von ihnen einen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus haben, ein Drittel verfügt sogar über eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Oftmals liegen die Asylablehnungen Jahre oder sogar Jahrzehnte zurück, und vielen der Betreffenden haben die Behörden aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht erteilt: wegen dauerhaft bestehender Abschiebungshindernisse, aus anderen humanitären Gründen oder etwa auch in Folge einer Heirat mit einem Deutschen oder einer Person mit verfestigtem Aufenthaltsrecht in Deutschland. Die vergleichsweise große Zahl abgelehnter Asylsuchender ist somit kein Indiz für oft beklagte angebliche Vollzugsdefizite bei Abschiebungen.