Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht unter Druck. Wie die sehr gute Beteiligung und engagierte Debatte bei der Veranstaltung von Linksfraktion und Rosa-Luxemburg-Stiftung zur Rolle der öffentlich-rechtlichen Medienlandschaft heute und morgen zeigte, ist die Kritik aber weit differenzierter, als die Gegner eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks glauben machen wollen. In Berlin bestätigte sich, was auch die Debatte um die No Billag-Abstimmung in der Schweiz gezeigt hatte: Unterstützung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt dann, wenn über seinen Auftrag und die Qualität der Umsetzung diskutiert wird, statt die Diskussion auf die Frage des Rundfunkbeitrags zu verkürzen.
„Eine breite gesellschaftliche Debatte ist unheimlich wichtig, um einen Grundkonsens herbeizuführen. Das ist das, was die Schweiz uns gelehrt hat. Aber dieser Diskurs muss nachhaltig sein und dauerhaft geführt werden“, betonte Prof. Dr. Karola Wille, Intendantin des MDR. Dass sie sich im Rahmen der Veranstaltung direkt einem kritischen Publikum stellte, wurde von den Teilnehmer*innen ausdrücklich begrüßt.
Für den Thüringer Medienstaatssekretär Malte Krückels steht fest: „Wir brauchen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und wir brauchen ihn auch in neuen Vertriebsstrukturen“, das heißt, im Internet. Als Reformoptionen nannte er insbesondere die Abschaffung von Doppelstrukturen. Eine wichtige Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks könne für die Zukunft in der Stärkung der regionalen Berichterstattung bestehen, um insbesondere in den ländlichen Räumen der schwindenden Vielfalt etwas entgegenzusetzen.
Dass ein zukunftsfähiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Internet stattfinden und dabei innovative Wege gehen muss, hatte zuvor auch der Mediensoziologe Volker Grassmuck in seinem Impulsreferat deutlich gemacht. Ein Beispiel wäre die Entwicklung einer eigenen öffentlich-rechtlichen Plattform auf europäischer Ebene. „Die Leute haben sich nicht verabschiedet“, so Grassmuck. „Sie haben konkretere Ideen als einfach zu sagen: Der Öffentlich-Rechtliche muss weg. Aber es braucht eben auch Wege, diese Ideen zu hören.“
Medienwissenschaftlerin Christiane Horz forderte mehr Publikumsbeteiligung und Transparenz, nicht nur was die Finanzen angeht. Gerade angesichts der mangelhaften Medienbildung in Deutschland bestehe ein großer Wissenshunger, wie Journalismus eigentlich arbeite. Das zu vermitteln sei auch Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auch Medienberater Jörg Langer plädierte für mehr Transparenz als Voraussetzung dafür, dass die Menschen den Öffentlich-Rechtlichen wieder mehr Vertrauen schenken.
„Dass die Akzeptanzkrise der Öffentlich-Rechtlichen mit erhöhter Transparenz, Vielfalt und Qualität beantwortet werden muss, war auf dem Podium Konsens, aber die Ansprüche gehen weiter“, fasst Doris Achelwilm, medienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Diskussion zusammen. „Der Telemedienauftrag, also die Frage, was Öffentlich-Rechtliche im Internet dürfen, muss politisch geklärt werden. Der Rundfunkbeitrag muss dringend sozialer und inklusiver aufgestellt werden. Die Debatte um angemessene Gehälter muss geführt werden. Und zwar auch, weil gleichzeitig der Spardruck zunehmend auf Mitarbeiter*innen lastet, die kaum noch verbindlich angestellt, sondern vorzugsweise als (feste) Freie beschäftigt sind, mit all den Folgen, was betriebliche Mitbestimmung, soziale Absicherung sowie ‚Generationengerechtigkeit‘ und mangelnde Verhältnismäßigkeit in den Gehaltsstrukturen angeht. Eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist nur mit den Mitarbeiter*innen zu erreichen, nicht gegen sie.“
Wie die Arbeits- und Lebenssituation von Solo-Selbstständigen konkret verbessert werden kann, zeigt DIE LINKE in ihrem Antrag zur sozialen Absicherung von Solo-Selbstständigen (PDF).
Auf Flickr gibt es eine Fotostrecke von der Veranstaltung.