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Sahra Wagenknecht im Interview © APA/Georg HochmuthFoto: APA/Georg Hochmuth

Wagenknecht-Kolumne: Ein großer Denkfehler in der Energiepolitik macht uns Deutsche zu Verlierern

Im Wortlaut von Sahra Wagenknecht, Focus Online,

Weitergedacht - Die Kolumne von Sahra Wagenknecht auf focus.de


Die Energiepreise explodieren und die Ursachen dafür liegen nicht in Moskau oder China. Steigende Preise für Strom, Sprit und Gas sind das Ergebnis politischer Fehlentscheidungen in Deutschland und Europa.

Wer auf preiswerte russische Lieferungen verzichtet und lieber teures, schmutziges Flüssiggas aus den USA bezieht, wer trotz leerer Speicher Gas nach Polen pumpt, und wer zusätzlich die Energiekosten durch horrende staatliche Aufschläge in die Höhe treibt, der gefährdet unsere Industrie und den Lebensstandard von Millionen.

Die Inflation ist zurück. Um durchschnittlich 5,1 Prozent sind die Verbraucherpreise im Euroraum im letzten Jahr gestiegen, in Deutschland waren es 4,9 Prozent. Wichtigste Preistreiber sind dabei ausgerechnet die Dinge, deren Verbrauch man kaum vermeiden und nur schwer reduzieren kann: Benzin, Strom, Gas, Heizöl. Hier lag die Teuerungsrate 2021 bei fast 30 Prozent, Spitzenreiter ist Gas, dessen Kilowattstundenpreis für den deutschen Endverbraucher sich fast verdoppelt hat. Und eine Abschwächung des Trends ist nicht in Sicht. Das neue Jahr begann, wie das alte endete: mit steigenden Preisen.

Energiekosten fressen Mittelschichtfamilien Einkommen weg

Die explodierenden Energiekosten fressen Mittelschichtfamilien einen immer größeren Teil ihres Einkommens weg, während Geringverdiener die auflaufenden Rechnungen oft gar nicht mehr bezahlen können. Da wird die gutbeheizte Wohnung oder der Wochenendausflug mit dem Auto zum unbezahlbaren Luxus, den man seinen Kindern nicht mehr bieten kann. Trotzdem wachsen bei vielen die Schulden, immer neue Mahnungen zehren an den Nerven, im schlimmsten Fall sitzt man irgendwann im Dunklen und Kalten. 230.000 Menschen wurde in Deutschland allein im letzten Jahr der Strom abgedreht.

Aber nicht nur Familien leiden, auch für Unternehmen können Horrorpreise bei Strom und Gas existenzbedrohend sein. Das betrifft vor allem Firmen, deren Käufer besonders preissensibel reagieren, also wegbleiben, wenn ein Produkt zu teuer wird. Oder Unternehmen, die mit ausländischen Anbietern, die zu weit günstigeren Konditionen produzieren, im direkten Wettbewerb stehen. Zwar sind steigende Preise für Öl und Gas ein globales Phänomen. Dennoch gibt es erhebliche Unterschiede, die in erster Linie mit den politischen Rahmenbedingungen zu tun haben. Ob es die letzten Hefeproduzenten in Deutschland trifft oder Gießereien, Kunststoffverarbeiter und Hersteller technischer Textilien, sie alle haben das gleiche Problem: Werke werden geschlossen bzw. verlagert, weil sie wegen der hohen Energiepreise nicht mehr konkurrenzfähig sind.

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