Die Einkommenssituation in der Landwirtschaft in Deutschland ist prekär. Dabei bestehen zwischen verschiedenen Personengruppen erhebliche Unterschiede: abhängig Beschäftigte verdienen im Schnitt mit 2.054 Euro monatlich konstant äußerst wenig, LandwirtInnen und ihre mitarbeitenden Familienangehörige haben hingegen ein zwar durchschnittliches bis leicht unterdurchschnittliches, aber sehr stark schwankendes Bruttoeinkommen.
Das Durchschnittseinkommen aller Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten, liegt in guten Wirtschaftsjahren um 3.000 Euro monatlich, also im Bereich des Durchschnittseinkommens abhängig Beschäftigter in der Gesamtwirtschaft, in schlechten Wirtschaftsjahren deutlich darunter. Daten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zeigen, dass das Jahreseinkommen stark schwankt und im langfristigen Trend nur langsam wächst. Aufgrund der unterschiedlichen Betriebsstrukturen wird es mit einer einheitlichen Kenngröße gemessen, dem Gewinn plus Personalaufwand je Arbeitskraft pro Jahr. Extremwerte lagen bei 24.576 Euro im Wirtschaftsjahr 2009/2010 und 37.618 Euro im Wirtschaftsjahr 2017/2018. Für 2018/2019 geht das BMEL von einem sehr niedrigen Wert aus.
Dass diese Entwicklungen nicht naturgesetzlich sind, belegen neue Zahlen des Europäischen Statistikamts Eurostat. Demnach schwankt das Einkommen selbstständiger Landwirte und ihrer mitarbeitenden Familienangehörigen in Deutschland wesentlich stärker und entwickelt sich schwächer als im europäischen Vergleich. Dies zeigt der Index des Nettounternehmensgewinns je nicht entlohnte Jahresarbeitseinheit. Er legt die Nettogewinne eines landwirtschaftlichen Betriebes auf die nicht entlohnten Mitarbeitenden – gerechnet als Vollzeitäquivalente – um und liefert so ein europaweit vergleichbares Maß für die zeitliche Entwicklung der Einkommen. Dieser Index lag in Deutschland nach vorläufigen Zahlen für das Jahr 2019 mit 100,47 nur knapp über dem Ausgangswert des Jahres 2010, in der Vergangenheit auch schon darüber, aber auch schon deutlich darunter, etwa 45,51 im Jahr 2018 und 61,96 2014. Demgegenüber stieg der Index im europäischen Schnitt seit 2010 mit größerer Kontinuität auf einen Wert von 133,73 im Jahr 2019 an.
Die Einkommenssituation abhängig Beschäftigter in der deutschen Landwirtschaft ist vor allem durch einen äußerst niedrigen Verdienst gekennzeichnet. Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit lag das mittlere Einkommen sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigter in Landwirtschaft und Jagd zum Jahresende 2018 bei 2.054 Euro monatlich. Das sind 1.250 Euro (38 %) weniger als im Mittel aller Wirtschaftsabteilungen (3.304 Euro). Das Einkommen ist damit eines der niedrigsten aller Wirtschaftsabteilungen. Nur in der Gastronomie, der Leiharbeit und in privaten Haushalten wurden noch niedrigere Löhne gezahlt.
Ausgewertet hatte die Daten Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag. Zimmermann erklärt zu den aktuellen Zahlen:
„Die Daten sind alarmierend. Kleine bäuerliche Betriebe stehen aufgrund der enormen Einkommensschwankungen regelmäßig vor existenziellen Herausforderungen. Abhängig Beschäftigte in der Landwirtschaft werden miserabel bezahlt – dabei sind es in erster Linie große, finanziell gut aufgestellte Betriebe, die fast ausschließlich auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzen. Es braucht eine agrarpolitische Trendwende, im Interesse der Landwirtinnen und Landwirte und der Beschäftigten.“
Zimmermann weiter: „Landwirtschaft ist die Grundlage unserer Ernährung. Die dort arbeitenden Menschen verdienen ein verlässliches Einkommen, das für ein gutes Leben reicht. Höhere Erzeugerpreise können dazu beitragen und zugleich die Abhängigkeit der Landwirtschaftsbetriebe von Fördermitteln reduzieren. Damit gute Lebensmittel für alle bezahlbar bleiben, muss eine gerechte Gewinnverteilung in der Wertschöpfungskette sichergestellt werden. Denn bisher kommt vom Verkaufspreis viel zu wenig bei den Landwirtinnen und Landwirten und ihren Beschäftigten an. Allgemein will DIE LINKE. eine regionale, bäuerliche, genossenschaftliche und ökologische Landwirtschaft fördern statt großer Agrarkonzerne.“