Von Heike Hänsel, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Vor nun 75 Jahren ist die Charta der Vereinten Nationen (UNO) in Kraft getreten. Die UNO wurde infolge des Zweiten Weltkrieges, der vom faschistischen Deutschland begonnen worden war, gegründet. Die Lehren daraus bilden sich in der UN-Charta ab und in dem großen zivilisatorischen Anspruch, "künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren" und in der Universalität der Menschenrechte.
Von vielen Gründungszielen der UNO ist die Welt jedoch auch heute noch weit entfernt. Das betrifft die Frage des Gewaltverbots in den internationalen Beziehungen als auch die Frage des sozialen Fortschritts, dessen Beförderung ein erklärtes Ziel der UNO bei ihrer Gründung war.
Bundesregierung hat wenig vorzuweisen
UN-Generalsekretär, António Guterres, hat in diesem Jahr in eindrücklichen Worten mehrfach zu einem globalen Waffenstillstand aufgerufen, den DIE LINKE unterstützt. Auch und gerade im Angesicht der Corona-Pandemie ist es höchste Zeit für eine globale Friedensdiplomatie. Gerade die Bundesregierung könnte dazu einen wirksamen Beitrag leisten, in dem sie ihre tödlichen Rüstungsexporte umgehend stoppt, die in vielen Ländern Kriege befeuern und Krisen verschärfen.
Leider werden von maßgeblichen Staaten, auch Deutschland, die friedenspolitischen Impulse des UN-Generalsekretärs Guterres nicht aufgegriffen, im Gegenteil. Die weltweiten Militärausgaben erreichen Jahr für Jahr neue Rekordhöhen, laut SIPRI auf fast 2 Billionen Dollar in 2019. Auch die Bundesregierung hat vergangene Woche einen Rekordrüstungshaushalt von 53 Milliarden Euro nach NATO-Kriterien verabschiedet.
Die Bundesregierung hat bisher wenig in Sachen Abrüstungsinitiativen und Friedensdiplomatie zu bieten. Die wichtigste Initiative der UNO, der Atomwaffenverbotsvertrag, wird von Deutschland sogar boykottiert.
NATO verschärft Konfrontation mit China und Russland
Stattdessen setzt die Bundesregierung weiter auf das Militärbündnis NATO, das mit den jetzigen Reformvorschlägen die globale Konfrontation mit China und Russland weiter verschärfen wird. Die NATO, die sich selbst für Kriegseinsätze mandatiert und die mit ihrer Regime-Change-Politik ganze Regionen destabilisiert und verwüstet hat, bricht aber die UN-Charta, internationales Recht und schwächt damit die Vereinten Nationen.
Wer die Vereinten Nationen also stärken will, muss sich für die Auflösung der NATO einsetzen. Die UNO muss endlich wieder zum Zentrum außen- und friedenspolitischer Beratungen und Entscheidungen werden.
Zeichen für Abrüstung setzen
Jedoch bedürfen auch die UN-geführten Militärmissionen einer kritischen Aufarbeitung. Eine umfassende Evaluierung, wie seit Langem gefordert, steht immer noch aus. Der mit Abstand größte Beitrag der Vereinten Nationen, sechs Milliarden Dollar, fließt in diese Militärmissionen jedes Jahr. Dieses Geld würde für den Kampf gegen Hunger und soziale Ungleichheit, für wirtschaftliche Entwicklung, globale Gesundheitssysteme und den Klimaschutz weitaus dringender benötigt. Damit würden auch die wichtigsten Kriegs- und Fluchtursachen bekämpft.
Angesichts der Rede von António Guterres im Deutschen Bundestag fordern wir die Bundesregierung auf, ein deutliches Zeichen für Abrüstung zu setzen, den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen und damit die nukleare Teilhabe der NATO zu beenden und die US-Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen. Dies wäre auch ein hoffnungsvolles Zeichen für ein friedlicheres Jahr 2021!