Die FDP fordert schon wieder eine Debatte um das Renteneintrittsalter. Nachdem in der Sommerpause bereits die Wirtschaftsweisen versucht hatten, das Thema auf die Agenda zu setzen, kommt nun die FDP wieder damit um die Ecke. FDP-Vize Johannes Vogel fordert "ein wirklich flexibles Renteneintrittsalter nach schwedischem Vorbild" und eine Diskussion in der Koalition darüber.
Das ist blanker Hohn! Denn schon jetzt kann Jeder und Jede in Deutschland auch nach Erreichen der persönlichen Regelaltersgrenze unbeschränkt weiter arbeiten und erhält dafür sogar Zuschläge zu seiner oder ihrer Rente. Wer beispielsweise zwei Jahre über die persönliche Regelaltersgrenze hinaus arbeitet, erhöht seine Rente damit um fast 17 Prozent; und das dauerhaft bis zum Lebensende. Auch die Hinzuverdienstgrenzen für vorgezogene Altersrenten wurden von der Koalition vollständig abgeschafft. Johannes Vogel kennt diese Regelungen, er macht also populistische Rentenpolitik zugunsten der Arbeitgeber. Ganz abgesehen davon: im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass es keine Anhebung des regulären Renteneintrittsalters und keine Rentenkürzungen geben wird.
Wir LINKEN sagen: die Anhebung des Renteneintrittsalters bedeutet nur Rentenkürzungen durch die Hintertür und für viele Menschen die Maloche bis zum Tode. Die lehne ich ohne Wenn und Aber ab. Denn aktuell sterben 15 Prozent der Menschen bereits vor ihrem 65. Geburtstag, 17 Prozent vor ihrem 67. Geburtstag und 20 Prozent vor ihrem 69. Geburtstag. Bei einer weiteren Verlängerung der Lebensarbeitszeit hätten sie überhaupt gar keine Rente mehr. Wir sehen dagegen die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen in der Pflicht, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gute Arbeit mit alters- und alternsgerechten Arbeitsplätzen anzubieten, sodass sie die Möglichkeit, länger zu arbeiten, auch freiwillig nutzen wollen.
Wir brauchen Zuckerbrot statt Peitsche!
Immer wieder fordert die FDP einzelne Punkte aus dem schwedischen Rentenmodell, sei es bei der Aktienrente oder beim Renteneintrittsalter. Wenn die FDP die schwedische Rente so toll findet, so sollte sie auch die folgenden Punkte fordern, die es in Schweden, aber nicht in Deutschland gibt:
1. Eine Erwerbstätigenversicherung ab 16 Jahren, in die alle Menschen mit Erwerbseinkommen Pflichtbeiträge einzahlen,
2. eine 60-prozentige Arbeitgeberfinanzierung der Rentenbeiträge,
3. eine ausschließlich von den Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen finanzierte Betriebsrente, die 90 Prozent aller Schwedinnen und Schweden erhalten und
4. eine ,Garantierente' genannte Mindestrente, die bis zu 820 Euro beträgt und zusätzlich bis zu 700 Euro Wohnkostenzuschüsse ermöglicht.
Dann wären wir LINKEN auch dabei!
Matthias W. Birkwald, renten- und alterssicherungspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Deutschen Bundestag