Im Jahr der Corona-Krise wurden mindestens 30.000 Zwangsräumungen durchgeführt. Das sind 82 pro Tag. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (PDF) auf die Frage der stellvertretenden Vorsitzenden und wohnungspolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Caren Lay, hervor.
Seit Ende 2019 erhebt die Bundesregierung über die Länder die Zahlen durchgeführter Zwangsräumungen, diese liegen nun erstmalig für das Jahr 2020 vor, außer für Hamburg und Schleswig-Holstein. Mit Abstand die meisten Zwangsräumungen gab es 2020 in Nordrhein-Westfalen mit über 9.000. Sachsen belegt in der Negativstatistik Platz zwei mit knapp 3.000 durchgeführten Räumungen. In Sachsen wurden mit knapp 2.949 Zwangsräumungen mehr durchgeführt als etwa in Bayern (2.867) oder Niedersachsen (2.607), und das bei deutlich weniger Einwohnerinnen und Einwohnern.
Bis 2019 wurden nur die Zahl der Vollstreckungsaufträge, nicht die der tatsächlich durchgeführten Zwangsräumen statistisch registriert. Insofern liegt keine unmittelbare Vergleichbarkeit vor. Die Zahl der Zwangsvollstreckungsaufträge lag in den vergangenen Jahren beständig über 50.000. 2018 gab es mindestens 54.000 Anträge auf Zwangsräumungen und mindestens 53.600 in 2017 - Bayern hatte diese Statistik nie erhoben. Deswegen lag die Zahl tatsächlich noch darüber.
Dazu erklärt Caren Lay:
„Niemand soll in der Pandemie seine Wohnung verlieren – das hörte man im ersten Lockdown 2020 häufig. Für 30.000 Haushalte galt dies nicht. 30.000 Zwangsräumungen im Pandemie-Jahr sind ein Skandal. Aus seiner Wohnung geworfen zu werden, kann in Zeiten von Corona lebensgefährlich sein. Es war ein verheerender Fehler der Großen Koalition, den Kündigungsschutz, den es im ersten Lockdown für Mieterinnen und Mieter mit Zahlungsverzug gab, nicht zu verlängern. Durch die Pandemie gerieten viele Menschen in Zahlungsverzug und konnten die Mieten offenbar nicht mehr stemmen. Ein Kündigungsmoratorium während der Pandemie, wie vom Deutschen Mieterbund gefordert, wäre hier dringend nötig gewesen. Seine Verlängerung scheiterte nach der Intervention der Immobilienlobby.
Im von Laschet geführten Nordrhein-Westfalen gibt es die meisten, im ebenfalls CDU-regierten und bevölkerungsarmen Sachsen die zweitmeisten Zwangsräumungen. Eine Verbesserung des Kündigungsschutzes, wie wir es als LINKE regelmäßig vorgeschlagen haben, lehnte die Union und auch die SPD stets ab. Die Große Koalition hat kein Konzept gegen Wohnungs- und Obdachlosigkeit vorgelegt. Ein Versäumnis, das jeden Winter für viele Menschen tödlich ist. Es braucht Housing First – ein sicheres Zuhause für alle. Räumungen in die Wohnungslosigkeit gehören grundsätzlich verboten.“