Sonderauswertung Gender Pay Gap der Antwort der Bundesregierung (PDF) auf die Kleine Anfrage zu "Tarifbindung in Deutschland", (BT-Drs. 19/27789, Tabelle 148, Seite 98) von Pascal Meiser u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.
Zusammenfassung
Tarifverträge führen nicht nur zu besseren Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen, sie fördern auch Geschlechtergerechtigkeit bei der Entlohnung. Während die Lohnlücke bei Vollzeitbeschäftigten in nicht tarifgebundenen Betrieben im Jahr 2020 bei monatlich 729 Euro lag, lag sie bei Vollzeitbeschäftigten in tarifgebundenen Betrieben mit 468 Euro im Monat deutlich darunter.
Während männliche Beschäftigte in tarifgebundenen Betrieben im Jahr 2020 durchschnittlich 4388 Euro verdienten, erhielten Frauen 3920 Euro im Monat. Das geschlechtsspezifische Lohngefälle betrug somit hier im Jahr 2020 zwischen männlichen und weiblichen Vollzeitbeschäftigten 468 Euro im Monat. Die Lohnlücke lag somit bei knapp 12 Prozent und damit deutlich niedriger als der vom Statistischen Bundesamt angegebenen Gender Pay Gap für das Jahr 2020 von 18 Prozent. Zugleich ist der Unterschied in den vergangen zehn Jahren leicht rückläufig. Im Jahr 2010 lag die Differenz hier noch bei 485 Euro im Monat.
Im Vergleich dazu lag das geschlechtsspezifische Lohngefälle von Vollzeitbeschäftigten in nicht-tarifgebundenen Betrieben im Jahr 2020 bei 729 Euro im Monat und damit 261 Euro mehr als bei Vollzeitbeschäftigten in tarifgebundenen Betrieben. Männliche Vollzeitbeschäftigte, die nicht unter den Schutz eines Tarifvertrags fielen, erhielten im Jahr 2020 durchschnittlich 3809 Euro, während Frauen ohne Tarifvertrag lediglich 3080 Euro bekamen. Die Lohnlücke beträgt zwischen Männern und Frauen hier sogar fast 24 Prozent. Im Jahr 2010 betrug diese Differenz 689 Euro im Monat.
Das zeigt: Während der Gender Pay Gap bei Beschäftigten mit Tarifvertrag langsam kleiner wird, ist die Kluft bei den Beschäftigten ohne Tarifvertrag sogar deutlich angestiegen!
Dieser Effekt wird zusätzlich durch die insgesamt sinkende Taftbindung verschärft. So ist in den vergangenen 10 Jahren die Tarifbindung in Deutschland in allen Bereichen zurückgegangen. Immer weniger Beschäftigte werden nach Tarifvertrag vergütet. Im Jahr 2020 waren zuletzt nur noch 26 Prozent der Betriebe tarifgebunden. Zugleich ist der Anteil der Beschäftigten, die noch unter den Schutz eines Tarifvertrages fallen im gleichen Zeitraum um 7 Prozentpunkte auf inzwischen nur noch 51 Prozent zurückgegangen.
Pascal Meiser, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, kommentiert:
“Dass die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern, die nicht unter den Schutz eines Tarifvertrages fallen, in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist, ist ein alarmierendes Signal. Die Zahlen zeigen, dass Tarifverträge nicht nur für die allgemeine Entwicklung der Löhne von großer Bedeutung sind, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von mehr Geschlechtergerechtigkeit leisten. Umgekehrt ist bisher nur wenig bekannt, dass der anhaltende Rückgang der Tarifbindung auch extrem negative Auswirkungen auf das vielfach postulierte Ziel einer Reduzierung der Lohnlücke zwischen den Geschlechtern hat.
Auch aus dieser Perspektive rächt sich, dass es die Bundesregierung in den vergangen Jahren sträflich versäumt hat, für eine Stärkung der Tarifbindung zu sorgen. Wir brauchen schnellstmöglich ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stärkung der Tarifbindung. Tarifverträge müssen endlich auch gegen den Willen der Arbeitgeberverbände für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist ohne Wenn und Aber an die Zahlung von Tariflöhnen zu koppeln.“
Hier können Sie die Auswertung der Ergebnisse im Einzelnen als PDF herunterladen.