Tarifverträge sorgen für gute Arbeitsbedingungen und Sicherheit. Sie bieten den Beschäftigten etwa bei Urlaub und Arbeitszeit deutlich bessere Bedingungen als die gesetzlichen Regelungen und können auch bei der Altersversorgung, der Zahlung von Zulagen und Zuschlägen oder bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wichtige Verbesserungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer festschreiben.
Auch die eigenen Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes empfehlen „ein klares Statement für [...] die gesetzes- und tarifgetreue Entlohnung“ (Beteiligungsbericht des Bundes 2022, S. 19). Soweit die Theorie.
Wie also steht es um diese selbst gegebenen Grundsätze? Nimmt der Bund bei den Unternehmen, an denen er beteiligt ist, eine Vorreiterrolle in Sachen Tarifbindung ein? Pascal Meiser hat eine entsprechende Kleine Anfrage gestellt und die Antwort der Bundesregierung ist ernüchternd.
Insgesamt hält der Bund nach eigenen Angaben an 55 Unternehmen eine unmittelbare Mehrheitsbeteiligung. Lediglich 16 der Bundesunternehmen haben einen Verbandstarifvertrag, Firmentarifvertrag bzw. Haustarifvertrag. Diese Angaben rückte das Bundesfinanzministerium allerdings erst auf erneute Nachfrage heraus.
Dazu stellt Pascal Meiser fest:
"Offenkundig findet Tarifflucht und Lohndumping nicht nur bei der öffentlichen Auftragsvergabe statt, sondern auch bei Unternehmen, an denen der Bund unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. In Sonntagsreden fordern Regierungsvertreter immer wieder eine höhere Tarifbindung, aber dort, wo sie am einfachsten etwas dafür tun könnten, macht sich die Ampelregierung einen schlanken Fuß. Das ist heuchlerisch und geht gar nicht.
Die Antworten des federführenden Finanzministeriums auf meine wiederholten Fragen zu diesem Thema bezeugen zudem eine eklatante Unwissenheit und ein deutliches Desinteresse, sich ernsthaft mit dem Problem auseinanderzusetzen, insbesondere mit Blick auf die mittelbaren Beteiligungen des Bundes. Es ist höchste Zeit, dass hier vor der eigenen Haustüre gekehrt wird. Für die Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, und deren Tochterunternehmen, braucht es endlich verbindliche Vorgaben, dass für diese Unternehmen mit den zuständigen Gewerkschaften Tarifverträge abzuschließen sind."