Wir brauchen einen Neustart im Sozialen Wohnungsbau. Dieser muss insbesondere durch kommunale und gemeinwohlorientierte Träger erfolgen – so der Tenor der Vorträge und Diskussionen auf der Konferenz der Bundestagsfraktion zur sozialen Wohnraumversorgung.
Trotz sommerlicher Temperaturen fanden am vergangenen Freitag knapp hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Weg ins Deutsche Architektur Zentrum in Berlin zur Konferenz „Sozialer Wohnungsbau – Bilanz und Ausblick“ der Bundestagsfraktion DIE LINKE. Die Konferenz startete mit einem wahren Zahlenfeuerwerk zur Situation des Sozialen Wohnungsbaus in Deutschland. Caren Lay, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. und dort zuständig für Wohnungspolitik, präsentierte die Ergebnisse einer Großen Anfrage der Fraktion zum Sozialen Wohnungsbau. 40 Prozent der Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch auf eine Sozialwohnung, von denen es aber immer weniger gibt. Von drei Millionen Sozialwohnungen im Jahr 1990 sind heute lediglich 1,3 Millionen übrig. Derzeit fallen jedes Jahr weitere 60.000 Wohnungen aus der Mietpreisbindung und der jährliche Neubau beschränkt sich auf nur 15.000 Wohnungen.
Noch im Jahr 1987 waren über ein Viertel des Mietwohnungsbestandes in Westdeutschland Sozialwohnungen. „Damit hatte er auch wirklich eine preisdämpfende Wirkung“, so Matthias Günther vom Eduard-Pestel-Institut. Laut Günthers langjährigen Forschungen zum Sozialen Wohnungsbau liegt der aktuelle Bedarf an Sozialwohnungen in Deutschland bei 5,5 Millionen. Dass dies kein rein theoretisches Zahlenspiel ist, zeigt das Beispiel Wien. Dr. Justin Kadi von der Bauhaus-Universität Weimar stellte das Wiener Modell des Sozialen Wohnungsbaus vor, der derzeit 42 Prozent des Wiener Wohnungsmarktes ausmacht.
Ähnlich wie Caren Lay betonte Günther die hervorgehobene Rolle der kommunalen Wohnungsgesellschaften beim Neubau von Sozialwohnungen. Nur bei Wohnungen im eigenen, also kommunalen Bestand könnte zudem eine dauerhafte Belegungsbindung garantiert werden, so Katrin Lompscher, Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen. Ulrike Hamann von der Berliner Initiative Kotti & Co. forderte eine „Rekommunalisierung plus“: Sozialwohnungen in öffentlicher Hand plus einer Mieterselbstverwaltung. Für eine neue Liegenschaftspolitik sprach sich Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Mieterbundes, aus. „Wenn eben möglich sollen öffentliche Grundstücke nicht privatisiert werden“, so Ropertz.
Nach den Vorstellungen von Lay bedarf es zudem eines neuen Anlaufs bei der Wohnungsgemeinnützigkeit. Damit ein Neustart im Sozialen Wohnungsbau nicht nur ein Strohfeuer ist, brauche es einen gemeinwohlorientierten Sektor in der Wohnungswirtschaft, wie es ihn vor 1990 bereits gab. Dr. Joachim Kadler aus der Bundestagsfraktion DIE LINKE präsentierte Berechnungen, nachdem durch einen Umbau der Subventionen für die Wohnungswirtschaft durch neue gemeinnützige Wohnungsunternehmen Mietpreise von unter fünf Euro pro Quadratmeter im Neubau realisiert werden können.
Voraussetzung für alle Überlegungen zur künftigen Ausgestaltung des Sozialen Wohnungsbaus, so waren sich alle Vortragenden einig, ist die Aufrechterhaltung einer Bundesförderung, die bislang im Jahr 2019 ausläuft. „Der Bund darf sich auch nach 2019 nicht aus der Finanzierung zurückziehen“, betonte Alexander Rychter, Verbandsdirektor des VdW Rheinland Westfalen.
Mit einem Plädoyer für einen „Systemneustart“ beim Sozialen Wohnungsbau statt einer Rolle rückwärts in die 1980er Jahre fasste Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik auf dem Abschlusspodium die Debatte des Tages gut zusammen. Caren Lay zog nach der Konferenz eine positive Bilanz: „Wir haben uns das Thema Sozialer Wohnungsbau schon auf die Fahnen geschrieben, als alle anderen noch abgewunken haben. Nun ist das Thema, auch dank der LINKEN, in aller Munde. Der heutige Tag hat gezeigt, dass DIE LINKE nicht nur den Finger in die Wunde legen, sondern auch Lösungen aufzeigen kann.“
Fotos von der Konferenz bei Flickr