SPD-Chefin Andrea Nahles hat in einem Interview Einzelheiten des SPD-Konzeptes „Sozialstaat 2025“ für den Umbau des Sozialstaats genannt. Demnach soll Hartz IV durch eine als "Bürgergeld" bezeichnete Grundsicherung ersetzt werden. Keine Änderungen will die SPD an den Hartz-Regelsätze vornehmen, aber eher auf "Bonussysteme, Anreize und Ermutigungen" als auf Sanktionen setzen. Lediglich "Sanktionen, die Obdachlosigkeit zur Folge haben", wolle die SPD laut Nahles abschaffen.
Dietmar Bartsch reagiert verhalten: "Wir brauchen weder Wahlkampfmanöver, noch Mogelpackungen, aber dringend einen vorurteilsfreien Sozialstaatsdialog, der das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes wieder ernst nimmt." Gleich zweimal haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes das Sozialstaatsprinzip in die Verfassung der Bundesrepublik geschrieben. Artikel 20, Absatz 1: "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat." Artikel 28, Absatz 1: "Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen."
Ein guter Start für einen solchen Soziastaatsdialog und für eine echte Abkehr von Hartz IV wären für Bartsch "eine sofortige Anhebung der Regelleistungen auf 582 Euro, wie es die Wohlfahrtsverbände fordern, sowie das Verbot von Leiharbeit und sachgrundloser Befristung".
Von einer Mogelpackung spricht auch Susanne Ferschl. Von einer grundlegenden Erneuerung des Sozialstaats könne keine Rede sein. "Statt einer großen Reform gibt es nur kleine Reförmchen. Hartz IV soll jetzt Bürgergeld heißen - das klingt zwar freundlicher, setzt aber mit Leistungen auf Hartz-IV-Niveau weiterhin auf ökonomischen Druck“, kommentiert Susanne Ferschl den Nahles-Vorstoß.
Katja Kipping findet empörend, dass zur Begründung der niedrigen Hartz IV-Sätze ausgerechnet jene herhalten müssten, die - Zitat Nahles - 'für wenig Geld jeden Tag arbeiten gehen‘. "Geringverdienende brauchen höhere Löhne, zum Beispiel einen höheren Mindestlohn von mindestens zwölf Euro. Sie haben nicht einen Euro mehr, wenn es Langzeiterwerbslosen noch schlechter geht", hält Kipping entgegen.
Auch Jan Korte rät der SPD, keine Kosmetik zu betreiben, sondern final und endgültig mit der Agenda-Politik zu brechen. Wolle die SPD "den Sozialstaat wiederherstellen will, muss sie nicht kleckern, sondern klotzen. Vor allem sollte sie benennen, mit wem sie das machen will. Denn eine Partei, die über soziale Korrekturen nachdenkt, aber gleichzeitig in der Großen Koalition der NATO milliardenschwere Rüstungsausgaben zusagt und es nicht wagt, die Vermögen der Reichen anzutasten, ist schlichtweg unglaubwürdig", so Korte.