Die Außenpolitiker der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, Sevim Dagdelen und Gregor Gysi, haben sich im Rahmen einer Dienstreise am Wochenende mit dem im Moskauer Exil lebenden US-Whistleblower Edward Snowden zu einem ausführlichen Gespräch getroffen. Sie erörterten unter anderem den nötigen Schutz von Whistleblowern und der Pressefreiheit sowie die Konsequenzen aus der rechtskräftigen Entscheidung eines US-Bundesgerichts vom September 2020, dass das von Edward Snowden vor sieben Jahren enthüllte Telefon-Überwachungsprogramm des US-Geheimdienstes NSA als illegal bestätigte. Dazu erklären Sevim Dagdelen und Gregor Gysi:
1. Das US-Bundesgericht hat Edward Snowden ausdrücklich die Aufdeckung der illegalen Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA, die massenweise die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern verletzten, angerechnet. Mit dieser gerichtlichen Entscheidung stellt sich die Frage, was an der Aufdeckung von etwas Rechtswidrigem durch Edward Snowden strafbar sein sollte. In Folge des Urteils zur rechtswidrigen Praxis der NSA muss auch die Aufdeckung dieser geheimdienstlichen Praxis straffrei sein. Das Urteil kommt einer Rehabilitation von Edward Snowden gleich.
2. Mit diesem Urteil aus den USA steht auch für alle anderen Staaten, einschließlich Deutschland, die Frage, welche Überwachungen durch Geheimdienste überhaupt zu rechtfertigen sind. Die millionenfache Überwachung der Kommunikationsdaten von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Unternehmen ist in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft untragbar. Die Zuarbeit anderer westlicher Geheimdienste für die rechtswidrige Abhörpraxis der NSA, wie der des Bundesnachrichtendienstes, ist als Beitrag zu einer Grundrechtsverletzung im globalen Maßstab zu werten und sollte umgehend beendet werden.
3. Whistleblower wie Edward Snowden sind keine Kriminellen, sondern große Helden, die Missstände und Verbrechen aufdecken. Ohne sie könnten solche rechtswidrigen Aktivitäten und kriminellen Strukturen niemals publik und beendet werden. Die strafrechtliche Verfolgung von Edward Snowden verbietet sich damit. Es ist beschämend und Ausdruck falscher US-Verbundenheit, dass die Bundesregierung und die EU dem mutigen Whistleblower Snowden nicht Schutz und Sicherheit vor US-Verfolgung garantieren. Der Schutz von Whistleblowern und die Verteidigung der Pressefreiheit dürfen nicht nur auf dem Papier bekundet werden, sie müssen vor allem umgesetzt werden, auch dann, wenn es das Missfallen von Verbündeten erregen könnte. Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich für die Beendigung der Verfolgung von Edward Snowden und den wirksamen Schutz von Whistleblowern einzusetzen.
4. Die Pressefreiheit gilt grundsätzlich. Wenn ein Geheimdienstmitarbeiter wie Edward Snowden etwas Kriminelles aufdeckt, muss es den Medien auch erlaubt sein, es anzunehmen und zu nutzen, d.h. es zu veröffentlichen. Wenn dieses Grundprinzip des investigativen Journalismus unter Strafe gestellt wird, ist die Pressefreiheit ernsthaft gefährdet. Zum Schutz der Journalistinnen und Journalisten sowie ihren Quellen muss die Anonymität der Quelle sowie das Recht auf Veröffentlichung gesetzlich geschützt werden. Nur so wird Pressefreiheit gewährleistet.