Von Sevim Dagdelen, Sprecherin für Abrüstung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr mit Rüstungsexporten im Wert von über acht Milliarden Euro fast doppelt so viele Ausfuhren genehmigt wie im Vorjahr. Vor allem Bayern und Baden-Württemberg profitieren von den stark gestiegenen Zahlen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf meine Anfrage "Die deutschen Rüstungsexporte der Bundesländer in 2019" (BT-Drucksache: 19/16653) hervor, über die zuerst die "Neue Osnabrücker Zeitung" (NOZ) berichtet hat.
Die Vorstellung, dass im Jemen, in Libyen oder anderswo auf der Welt mit deutschen Waffen und deutscher Munition aus Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gemordet wird, ist unerträglich. Diese Mordwerkzeuge sind vielfach die Ursache für Flucht und Vertreibung.
Spitzenreiter Bayern
Größter Profiteur bei den Ländern war wie bereits 2017 und 2018 auch 2019 Bayern mit Rüstungsexportgenehmigungen im Wert von 4,1 Milliarden Euro. Das ist mehr als doppelt so viel wie 2018 mit 1,9 Milliarden Euro. Mit einen Anteil von ca. 51 % am Gesamtwert aller Genehmigungen hat Bayern seine Stellung gegenüber 2018 (39,3 %) weiter ausgebaut. Genehmigt wurden bayerischen Rüstungsschmieden unter anderem Exporte von Triebwerken für gelenkte und ungelenkte Flugkörper, gepanzerte Fahrzeuge sowie Gefechtsköpfe und Munition sowie Treibladungen. An EU-Länder unter anderem 44 Panzer (für Ungarn), sonstige gepanzerte Kampffahrzeuge, Fahrgestelle für Panzer und Kampffahrzeuge etc.; einiges davon an sogenannte Entwicklungsländer.
Bayern hat 2019 Kriegswaffen im Wert von 181,5 Mio. Euro tatsächlich ausgeführt. Davon gingen ca. 120 Mio. Euro an NATO- und -gleichgestellte Länder, 78 Mio. Euro an EU-Länder und 61,4 Mio. an Drittstaaten.
Baden-Württemberg auf Platz 2
Nach Bayern profitiert mit 2,1 Milliarden Euro vor allem erneut das vom grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann regierte Baden-Württemberg vom Rüstungsgeschäft (2018: 1,3 Milliarden Euro). Der Anteil des Ländle am Gesamtwert aller Genehmigungen blieb mit 26,3 % faktisch gleich (2018: 26,4 %).
Rüstungskonzernen in Baden-Württemberg wurde der Export in Drittländer unter anderem von Lenkflugkörpern, Triebwerken für gelenkte und ungelenkte Flugkörper, Maschinenpistolen und -kanonen und Gefechtsköpfe genehmigt; einiges davon an sog. Entwicklungsländer. In EU-Länder unter anderem Granatmaschinenwaffen, Maschinenpistolen. Gleiches für NATO und -gleichgestellte Länder.
Baden-Württemberg hat 2019 Kriegswaffen im Wert von 108,6 Mio. Euro tatsächlich ausgeführt. Davon gingen ca. 90 Mio. Euro an NATO- und -gleichgestellte Länder, 77,9 Mio. Euro an EU-Länder und 13,9 Mio. an Drittstaaten.
Niedersachsen steht mit 597 Mio. Euro und einem Anteil von 7,5 % an dritter Stelle und Nordrhein-Westfalen mit 430 Mio. (5,4 %) an vierter. Niedersachsen lieferte 2 Kampfboote und 25 sonstige gepanzerte Kampffahrzeuge und Nordrhein-Westfalen Raketen und Munition an sogenannte Entwicklungsländer.
Es folgen dann Niedersachsen (597 Mio. Euro), Nordrhein-Westfalen (430 Mio. Euro), Brandenburg (167 Mio. Euro), Schleswig-Holstein (154 Mio. Euro) und Bremen (126 Mio. Euro).
Verbot von Waffenexporten
Insgesamt hat die Bundesregierung 2019 Exporte in der Rekordhöhe von 8,014 Mrd. Euro genehmigt, nach 4,823 Mrd. Euro im Jahr davor. 32,3 Prozent der Genehmigungen entfielen mit gut 2,6 Mrd. Euro auf Kriegswaffen. 67,7 Prozent (5,4 Mrd. Euro) auf sogenannte sonstige Rüstungsgüter.
Dagegen hat die Bundesregierung 2019 von insgesamt 11.479 Genehmigungen für Rüstungsexporte nur 61 Anträge im Wert von 15,87 Mio. Euro abgelehnt. Das sind 0,53 % der Anträge. Das heißt im Gegenzug: 99,47 % der Anträge wurden von der Bundesregierung genehmigt.
Kriegswaffenexporte wurden vor allem in EU-Länder genehmigt, nämlich für 1,4 Mrd. Euro (54,2 %). An sogenannte Drittländer gingen 31 % der Genehmigungen (817 Mio. Euro); davon mit 462 Mio. Euro mehr als die Hälfte (56,5 %) an sogenannte Entwicklungsländer. 14,3 % (370 Mio. Euro) betrafen Genehmigungen an NATO- und -gleichgestellte Länder.
Sonstige Rüstungsgüter wurden vor allem in Drittländer genehmigt: 50 % (2,7 Mrd. Euro); davon mit 890 Mio. Euro 32,8 % an sogenannte Entwicklungsländer. 1,7 Mrd. Euro gingen an EU-Länder (32 %). 17,9 % (972 Mio. Euro) betrafen Genehmigungen an Nato und –gleichgestellte Länder.
Hauptempfängerland von Kriegswaffen war im vergangenen Jahr das von Viktor Orban autoritär geführte Ungarn mit 1,2 Mrd. Euro, gefolgt von Ägypten mit 246,7 Mio. Euro unter dem Feldmarschall und Präsidenten Abd al-Fattah Al-Sisi. Der die Muslimbruderschaft unterstützende Golfstaat Katar steht mit 109,5 Mio. Euro an fünfter Stelle.
Bei den sonstigen Rüstungsgütern ist Algerien mit 846,6 Mio. Euro Hauptempfängerland gewesen, gefolgt von den USA mit 596 Mio. Euro, Ungarn mit 583,9 Mio. Euro und Ägypten mit 555 Mio. Euro. Katar liegt mit 126,5 Mio. Euro an achter und Kuweit mit 79,6 Mio. Euro an 15. Stelle.
Notwendig ist ein klares gesetzliches Verbot von Waffenexporten. Die hemmungslose Lieferung von Waffen in Spannungs- und Kriegsgebiete zeigt, dass das derzeitige System für die Kontrolle von Rüstungsexporten nicht funktioniert. Die Bundesregierung muss endlich ein Konversionsprogramm auflegen, um die Produktion für das Geschäft mit dem Tod auf eine zivile Produktion umzustellen. Ziel muss es sein, dass in Zukunft kein Arbeitsplatz in Deutschland mehr vom Export von Kriegswaffen und Rüstungsgütern abhängig ist.