Ja zur Erhöhung des Mindestlohns, Nein zu Minijobs
Am Freitag stimmt der Bundestag über die Erhöhung des Mindestlohns ab. Susanne Ferschl erklärt, warum die Linksfraktion für die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro stimmt - wofür sie jahrelang gestritten hat - aber gleichzeitig gegen die damit verbundene Ausweitung der Minijobs durch die Ampel ankämpft
Wir stimmen dem Mindestlohnerhöhungsgesetz insgesamt zu, obwohl die Ampel-Koalition darin unsere langjährige Forderung nach einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro mit einer Ausweitung der Minijobs verbindet. Für uns ist aber auch klar: Wir geben erst Ruhe, wenn jede abhängige Beschäftigung ab dem ersten Euro der vollen Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Minijobs („geringfügige Beschäftigungsverhältnisse“, sog. 450 Euro Jobs) sichern keine eigenständige Existenzgrundlage und man erwirbt keine Ansprüche in den sozialen Sicherungssystemen. Was es heißt, ohne Anspruch auf Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld den Job zu verlieren, haben wir in der Pandemie gesehen. Außerdem werden Minijobs überdurchschnittlich häufig von Frauen ausgeübt, die auf diese Weise abhängig bleiben – vom Amt oder dem Partner. Ganz zu schweigen davon, welches Fachkräftepotential dadurch verloren geht. Auch deshalb fordern neben der Fraktion DIE LINKE auch Gewerkschaften und Forschungsinstitute, dass Minijobs eingedämmt werden müssen. Nichtsdestotrotz hält die Ampel-Koalition im Mindestlohnerhöhungsgesetz an der Ausweitung dieser Beschäftigungsform fest.
Für DIE LINKE ist das aus arbeitsmarkt- und gleichstellungspolitischer Sicht grundfalsch: Entgegen landläufiger Mythen sind die große Mehrheit der Minijobbenden gerade nicht Schülerinnen und Schüler, Studierende oder Rentnerinnen und Rentner. Vielmehr sind zwei Drittel der Minijobbenden im sogenannten Haupterwerbsalter von 25 bis 65 Jahre (65 Prozent). Fast die Hälfte dieser Gruppe ist ausschließlich im Minijob beschäftigt (46 Prozent). Das zeigt: Für viele Menschen ist er Bestandteil regulärer Einkommenssicherung und kein „Nebenverdienst“. Auch wenn die Ampel-Koalition die Verdienstgrenze an zehn Wochenstunden zum gesetzlichen Mindestlohn koppelt, mit einem Minijob kann niemals ein existenzsicherndes Einkommen erzielt werden. Damit Arbeit den Lebensunterhalt sichert und soziale Sicherheit im Bedarfsfall garantiert, darf es keine erzwungene Teilzeit geben und sie muss ab der ersten Stunde voll sozialversicherungspflichtig sein. Durch die geplante Ausweitung hingegen droht die weitere Verdrängung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.
Auch im Hinblick auf die Durchsetzung der Mindestlohnerhöhung ist die Ausweitung von Minijobs ein Problem, denn im Betrieb fungieren diese Kleinstbeschäftigungsverhältnisse oft zur Tarnung von Schwarzarbeit. In der Kombination mit dem Verzicht auf eine tagesaktuelle, manipulationssichere Arbeitszeiterfassung wird ein scheunentorgroßes Schlupfloch für Mindestlohnbetrug offengehalten. DIE LINKE lehnt die Ausweitung und Dynamisierung von prekären Minijobs daher entschieden ab und plädiert dafür, die vernünftige Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro dafür zu nutzen, um reguläre, sozialversicherungspflichtige zu fördern und der Arbeit von Menschen den gebührenden Respekt zu zollen. Nein zu Minijobs, Ja zur Erhöhung des Mindestlohns.