Kolumne von Sahra Wagenknecht in der Frankfurter Rundschau
Wer Wohnen als Menschenrecht durchsetzen will, muss sich mit Immobilienhaien anlegen und der Spekulation den Boden entziehen.
Nirgendwo ist die Politik der sozialen Spaltung spürbarer als auf dem Wohnungsmarkt. Während 11,2 Millionen Menschen mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete abdrücken müssen, sind die reichsten zehn Prozent durch den Immobilienboom der letzten zehn Jahre um 1,5 Billionen Euro reicher geworden. Vor allem die Grundstückspreise sind vielerorts explodiert, was die Preise für Neubauten in die Höhe treibt. Gleichzeitig schrumpfen die Bestände an preisgünstigem Wohnraum, denn in den letzten 20 Jahren wurden hunderttausende Wohnungen privatisiert, die Zahl der Sozialwohnungen hat sich halbiert, noch immer verschwinden täglich über 70 Sozialwohnungen vom Markt.
Selbst wer gut verdient, findet in einigen Städten keine bezahlbare Wohnung mehr. Zwischen 2008 und 2018 sind die Angebotsmieten deutschlandweit um 39 Prozent gestiegen, in Berlin haben sie sich sogar knapp verdoppelt. Erst mit dem Mietendeckel gelang es im letzten Jahr, den Trend zu steigenden Mieten in der Hauptstadt umzukehren. Doch dieser Deckel wurde nach einer Klage von Union und FDP durch das Bundesverfassungsgericht mit Verweis auf die (angeblich) fehlende Landeskompetenz in der Wohnungspolitik gekippt. Damit liegt der Ball nun beim Bund, wo mit den Wahlen am 26. September die Weichen in der Wohnungspolitik hoffentlich neu gestellt werden.