Der heimische Wald ist zurzeit in einer schwierigen Situation. Extremwetterereignisse wie Stürme bis zur Orkanstärke und der Dürresommer 2018 haben in vielen Regionen dem Wald massiv geschadet. Dazu kommen vermehrt auftretende Forstschädlinge sowie ein steigendes Waldbrandrisiko. Von Fachleuten erwartet, wirken die Probleme medial wie ein Paukenschlag ohne Vorwarnung. Angesichts der sehr langen Regenerationszeit des Waldes sind Lösungen ebenso dringend wie schwierig. Allein 2018 fielen durch Sturm, Trockenheit und Forstschädlinge gut 30 Millionen Kubikmeter Schadholz an. Das entspricht etwa der Hälfte des jährlichen Holzeinschlags. Die Prognosen für 2019 sehen düster aus. Die Zahlen aus den Bundesländern werden regelmäßig nach oben korrigiert.
Zugleich werden Wälder als Ökosystem, für Klimaschutz und den Wasserhaushalt, für Kultur und Erholung gebraucht. Pro Jahr entlasten die heimischen Wälder z. B. die Atmosphäre um mehr als 50 Millionen Tonnen CO2. Damit ist der Wald ein Schwergewicht unter den CO2-Senken. Für all diese Gemeinwohlfunktionen muss der Wald unterstützt und geschützt werden. Dafür werden dringend Soforthilfemaßnahmen gebraucht, aber auch eine langfristige Waldstrategie für naturgemäße Waldentwicklung. Denn zur schwierigen Situation hat beigetragen, dass zu spät und zu zögerlich begonnen wurde, Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Auch Ulrich Dohle, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bund Deutscher Förster (BDF) hat erst kürzlich in einem Interview darauf verwiesen, dass der Waldumbau viel zu langsam stattgefunden hat und Geld alleine jetzt nicht mehr ausreicht.
Das Gesamtziel der LINKEN ist klar: Wälder mit gemischter Altersstruktur sowie möglichst heimischer Laub- und Nadelholzanteilen, also naturgemäße Waldgemeinschaften, die widerstandfähiger gegen Temperaturextreme, Stürme und Forstschädlinge sind. Angesichts der schon jetzt spürbaren Klimaveränderungen wird aber weiter diskutiert, ob und wie sich die heimische Waldgemeinschaft verändern müssen.
Sowohl kurz- als auch langfristige Maßnahmen müssen jetzt schnell begonnen werden, ineinandergreifen und gut abgestimmt sein. Gebraucht wird ein umfassendes Maßnahmenpaket um den Waldumbau zu beschleunigen. Und gebraucht werden gut ausgebildete und bezahlte Forstleute für diese Mammutaufgabe.
Deshalb schlägt Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag ein 5-Punkte-Programm vor:
1.) Noch in diesem Jahr wird ein Nothilfefonds gebraucht um kurzfristig Waldschäden zu beseitigen als Voraussetzung für eine naturgemäße Wiederaufforstung. Momentan sind Forstleute, Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter vor allem damit beschäftigt, Schadholz aus dem Wald zu schaffen und das genaue Ausmaß der Schäden zu beziffern. Von Wiederaufforstung und Umbau kann erst danach die Rede sein. Wir LINKEN wollen aber auch sichern, dass die Unterstützung vor allem bei Klein- und Kleinstwaldbesitzer ankommt. Der Nothilfefonds soll ohne Vorbedingungen und unkompliziert zur Verfügung gestellt werden.
Bereits vor der parlamentarischen Sommerpause 2019 hat DIE LINKE im Bundestag als erste Fraktion einen solchen Nothilfefonds beantragt („Soforthilfemaßnahmen für die deutsche Forstwirtschaft“, 19/10287).
2.) Um nötige Aufforstungen auch für den Waldumbau zu nutzen und eine naturgemäße Waldbewirtschaftung ernsthaft umzusetzen, braucht es zwingend gut qualifizierte und gut bezahlte Forstleute in der Fläche.
„Denn das ist eine Generationenaufgabe, bei der Fehler auf Kosten unserer Kinder und Enkel gehen. Forstleute leisten eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, die besser honoriert und anerkannt werden muss.“ So Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag.
Daher fordert DIE LINKE unter anderem, dass sich der Bund mit den Ländern verbindlich zu bundeseinheitlichen Betreuungs- und Sozialstandards für Beschäftigte in der Forstwirtschaft verständigt. Zu den Fehlern in der Vergangenheit gehört auch der massive Personalabbau in der Forstwirtschaft. Laut dem BDF wurden in den vergangenen 20 Jahren 50% der Stellen im Forst gestrichen. In der Konsequenz müssen Forstleute deshalb immer größere Waldflächen betreuen. Das ist angesichts der großen Herausforderungen unverantwortlich.
3.) Es braucht zudem ein neues Waldbrandschutz-Konzept, dass die aktuellen Entwicklungen berücksichtigt. Die Zahlen zeigen, dass Waldbrände in den letzten Jahren stark zugenommen haben und es ist zu befürchten, dass diese Entwicklung so weiter geht. Waldbrände werden in der Regel von Menschen verursacht, egal ob mit unachtsam weggeworfene Zigarettenstummel oder Munition aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg, die als Brandsätze wirken. Die Waldbrandschäden im Jahr 2018 und 2019 werden bereits auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. Deshalb sind Konzepte zur Reduzierung des Waldbrandrisikos zwingend notwendig. Denn jeder Euro, der heute in Waldumbau und Waldbrandvorsorge gesteckt wird, begrenzt später auftretende Verluste. Das Mischwälder schlechter brennen als Wälder aus gleichaltrigen Kiefern ist lange bekannt und muss in eine neue Waldstrategie integriert werden. Waldbrandschneisen und Wege für den Zugang von Feuerwehren gehören genauso dazu wie der Ausbau von Überwachungssystemen und nötige Infrastruktur für eine effiziente Waldbrandbekämpfung, Z. B. Löschteiche, Zisternen und geeignete Technik sowie gut ausgebildete Feuerwehrleute zum Löschen.
4.) Holz ist ein wertvoller Rohstoff und muss sorgsam genutzt werden, da er nur langsam und nicht unendlich nachwächst. Wichtig ist eine Nutzugsstrategie für Holz in der Kaskade von stofflicher zu energetischer Nutzung. Mehr Holz soll zunächst als Baumaterial genutzt werden und zwar so, dass eine nachfolgende stoffliche oder energetische Nutzung möglich bleibt. Auch eine verbesserte Altholznutzung muss ambitionierter angepackt werden, nicht nur in Großschadenslagen. Aufgrund des großen Schadholzanfalls ist aktuell der Holzpreis im Keller, sodass diese Nutzungskaskade noch schwieriger wird. Die energetische Nutzung dieses Holzes muss kurzfristig verstärkt werden, ohne die Priorität der Nutzungskaskade aus dem Augen zu verlieren Hackschnitzel im Heizkraftwerk landet.. Denn außerhalb der aktuellen Notsituation ist die sofortige Verbrennung eine Vergeudung dieser wertvollen Ressource, deren Weg eigentlich vom Baum, zum Balken, zur Holzspanplatte und dann zu Hackschnitzeln führen müsste. Das ermöglicht auch die langfristige Bindung von CO2 in Holzprodukten und leistet somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz über die Nutzung als erneuerbare Energie hinaus.
5.) Langfristig muss die Jagd und die Waldwirtschaft auf den Schwerpunk Naturverjüngung der Wälder ausgerichtet werden. Ein naturgemäßes Waldökosystem ist widerstandsfähig und kann sich mit etwas Unterstützung selbst helfen. Deshalb sind aktionistische Baumpflanzungen unangebracht. Naturverjüngung in Wäldern funktioniert, aber nur bei standortangepassten Wilddichten, also waldverträgliche Wildbestände. Wenn der Jungwald mit Zäunen vor Wildtieren geschützt werden muss ist dies sehr teuer und eigentlich keine wirkliche Alternative. Deshalb gehört zur naturgemäßen Waldwirtschaft zwingend eine konsequente Jagdstrategie, die gemeinsam mit den Jägerinnen und Jägern umgesetzt werden muss. Auch beim Konzept „Wald und Wild“ schließt das angesichts der aktuell historisch hohen Wildbestände ein, dass zeitweise eine verstärkte Bejagung notwendig ist.
Die Fraktion DIE LINKE hat nach dem Antrag für einen Nothilfefonds einen weiteren Antrag zu langfristigen Waldumbaumaßnahmen eingebracht für eine „Naturgemäße Waldbewirtschaftung im Interesse des Waldes und der Forstleute“ (19/11104). DIE LINKE bleibt am Thema dran.