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Demonstration am 1. Mai 1949 in BerlinFoto: picture alliance / ZB/ zbarchiv

Maifeiertag: Für die Arbeitersache

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Mehr als ein freier Tag für Beschäftigte: Der Maifeiertag ist Protesttag und Symbol des Klassenkampfes. Er erinnert an zahllose Arbeiterinnen und Arbeiter, die sich gegen Ausbeutung, für Arbeitnehmerschutz und mehr Mitsprache aufbäumten – ein langer Kampf, der mit schweren Opfern bezahlt wurde und von Eskalationen und Blutvergießen begleitet war.

1. Mai 1890: Zum ersten Mal legten in Europa und den USA gleichzeitig Millionen Beschäftigte ihre Arbeit nieder, um gegen zu niedrige Löhne und unmenschliche Arbeitsbedingungen zu protestieren. Dazu hatten Gewerkschaften und Arbeiterparteien auf dem Internationalen Arbeiterkongress aufgerufen, auch um der Opfer der Mai-Streiks von 1886 zu gedenken. Damals hatten am 1. Mai, einem Stichtag für den Arbeitsplatzwechsel, überall in den Vereinigten Staaten Hunderttausende Arbeiter für den Achtstundentag gestreikt. In Chicago war es bei den als »Haymarket Riot« bekannt gewordenen Protesten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Es gab zahlreiche Tote und Verletzte, unter anderem durch einen Bombenanschlag.

Als auch im Deutschen Reich eine große Streikwelle angekündigt wurde, drohten Unternehmerverbände mit Aussperrungen und Entlassungen. Trotzdem gingen am 1. Mai 1890 rund 100.000 Menschen bei sogenannten Maispaziergängen auf die Straße. Nachdem die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (später SPD) den Tag als dauerhaften »Feiertag der Arbeiter« einführte, fanden trotz drohender Repressionen alljährlich Demonstrationen und Streiks statt.

»Nieder mit dem Krieg!«, rief Karl Liebknecht am 1. Mai 1916 auf dem Potsdamer Platz in Berlin. Gemeinsam mit Rosa Luxemburg hatte er Demonstrationen für die Beendigung des Ersten Weltkriegs organisiert und »zum Kampfe um alles, was das Wohl und die Zukunft der Arbeitersache, der Menschheit und der Kultur bedeutet«, aufgerufen. Er wurde verhaftet und »wegen versuchten Kriegsverrats« zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. In mehreren Städten wurden daraufhin große Solidaritätsdemonstrationen durchgeführt.

1919 erklärte die Weimarer Nationalversammlung den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag, allerdings nur für ein Jahr. Die sozialistische Arbeiterbewegung war gespalten: Während einige den Maifeiertag eher als gemeinsamen Festtag begehen wollten, war für andere seine Funktion als Kampftag entscheidend. Die Auseinandersetzungen sollten schließlich 1929 als »Blutmai« in die Geschichte eingehen: Der sozialdemokratische Polizeipräsident hatte in Berlin ein Demonstrationsverbot ausgesprochen. Als die KPD trotzdem friedlich auf die Straße ging, schlug die Polizei den Protest mit Gummiknüppeln und Schusswaffen nieder. 33 Menschen wurden getötet, etwa 200 verletzt, darunter unbeteiligte Passanten.

1933 erklärte Hitler den 1. Mai zum »Feiertag der nationalen Arbeit«. Der aufwändig inszenierte Symboltag sollte helfen, die Arbeiterbewegung in die »Volksgemeinschaft« zu integrieren. Bereits am 2. Mai zeigten die Nationalsozialisten ihr wahres Gesicht: SA- und SS-Trupps stürmten Gewerkschaftsbüros und verhafteten Funktionäre, um die Gewerkschaften gleichzuschalten. Die vollständige Vereinnahmung des Maifeiertags gelang ihnen jedoch nicht. Nur einen Monat später wurde die »Hindenburg-Eiche«, die Hitler bei der ersten Maifeier auf dem Tempelhofer Feld in Berlin gepflanzt hatte, gefällt. Bis 1945 fanden zum Maifest immer wieder mutige Protestaktionen statt.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich der Feiertag in Ost- und Westdeutschland bald sehr unterschiedlich. In der DDR wurde der 1. Mai wie in anderen sozialistischen Ländern als »Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus« staatlich organisiert und mit militärischen Paraden begangen. In der BRD gab es hingegen Kundgebungen und Straßenfeste der Gewerkschaften. In den 1980er Jahren kam es dabei, besonders in Berlin und Hamburg, immer wieder zu Konfrontationen mit der Polizei. Am 100. Jahrestag der Mai-Demonstrationen, dem 1. Mai 1990, richtete schließlich der damalige DGB-Vorsitzende Ernst Breit die erste Mairede an ein gesamtdeutsches Publikum.

Und die Tradition wächst weiter. Der 1. Mai bleibt in vielen Ländern ein Protesttag der Arbeiterinnen und Arbeiter, an dem neue gewerkschaftliche Forderungen verkündet und noch nicht verwirklichte Anliegen unterstrichen werden. Auch in diesem Jahr gehen wir gemeinsam mit den Gewerkschaften – ihrem Motto getreu – »ungebrochen solidarisch« auf die Straße.