Von Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE
Kommt es zu einem Treuhand-Untersuchungsausschuss, wollen wir unter anderem Theo Waigel, Horst Köhler und Thilo Sarrazin befragen.
Aus zwei Gründen: Die Treuhandanstalt hat aus unserer Sicht nicht ihren eigenen gesetzlichen Auftrag erfüllt. Ist das korrekt, wäre das damalige Bundesfinanzministerium dafür mitverantwortlich, da es die Rechts- und Fachaufsicht über die Treuhandanstalt hatte. Daher müssen wir diejenigen, die damals im Bundesfinanzministerium dafür Verantwortung trugen, als Zeugen in einem Treuhand-Untersuchungsausschuss befragen.
Wir wollen wissen, was geschah mit Billigung aus Bonn und in welchem Ausmaß hat das Finanzministerium damals seine Aufsichtspflichten über die Treuhandanstalt überhaupt wahrgenommen.
Thilo Sarrazin sagte über seine damalige Aufgabe im Finanzministerium bezüglich der Treuhand: "Jetzt wickeln wir das ganze Zeug möglichst schnell ab.“ Das war aber mitnichten der gesetzliche Auftrag der Treuhand. Die Treuhand sollte privatisieren, aber nicht alles plattmachen, sondern laut Treuhandgesetz die „Wettbewerbsfähigkeit möglichst vieler Unternehmen herstellen und somit Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.“ Das Gegenteil ist jedoch geschehen. Durch die Treuhandanstalt sind Millionen von Arbeitsplätzen vernichtet worden. Der Osten Deutschlands wurde deindustrialisiert. Viele überlebens- und sanierungsfähige Betriebe sind abgewickelt und geschlossen worden. Das war nicht der Wille des damaligen Gesetzgebers. Es wurde Missmanagement auf Kosten der Steuerzahler betrieben.
Zu Beginn wurde das Treuhandvermögen auf rund eine halbe Milliarde DM geschätzt, am Ende stand aber ein Schuldenberg von rund 250 Millionen DM. Wie konnte das passieren?
Noch heute hat der Bund offenkundig über 90 Milliarden Euro Schulden aus dieser Zeit. Die Treuhand-Politik hat nicht nur volkwirtschaftlich und fiskalisch großen Schaden angerichtet, sondern auch das gesellschaftliche Klima zwischen Ost und West in den letzten drei Jahrzehnten extrem belastet. Daher brauchen wir Aufarbeitung und eine Befragung der damals politisch verantwortlichen Akteure.