Von Victor Perli, Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestags
Die neuesten Enthüllungen zum Skandal um Toll Collect zeigen, dass die Bundesregierung milliardenschwere Aufträge an private Konzerne vergibt und sich dann leichtfertig abzocken lässt. Die Betreiber Daimler, Telekom und die französische Cofiroute sollten als Konsortium ab 2003 die LKW-Maut für den Bund erheben. Es kam zu technischen Problemen, die Einführung verzögerte sich und es kam zum Rechtsstreit. Jetzt wurde bekannt, dass es weitere Betrugsvorwürfe gibt und das Verkehrsministerium kein Interesse an weiterer Aufklärung hat.
Einladung zum Betrug
Wie kann eine Regierung zulassen, dass nur Toll Collect die genaue Kostenstruktur für die Maut-Erhebung kennt und der Bund jede Rechnung glauben muss? Das ist eine Einladung zum Betrug, die nur durch einen tapferen Whistleblower aus dem Konzern öffentlich geworden ist. Die Renditeerwartungen der Daimler- und Telekom-Aktionäre stehen für die Toll-Collect-Manager über dem Prinzip, zu möglichst niedrigen Kosten eine öffentliche Dienstleistung bereitzustellen.
Jetzt kommt der Vorwurf der Einflussnahme auf Ermittlungsbehörden durch das Verkehrsministerium hinzu. Angeblich hatte das Ministerium dem leitenden Staatsanwalt mitgeteilt, dass es sich nicht geschädigt fühle und kein Interesse an einem Betrugsverfahren zu Lasten von Toll Collect habe. Es ist eine Missachtung des Parlaments, dass die milliardenschweren Verträge mit den Maut-Betreibern nicht mal dem Haushaltsausschuss zugänglich gemacht werden und auch der Rechnungshof hier nicht prüfen kann.
Bereits bei der außergerichtlichen Einigung hat Verkehrsminister Scheuer einem für die Steuerzahler schlechten Deal zugestimmt. Statt den vom Bund geforderten 9,7 Milliarden Euro wurde eine Einigung in Höhe von 3,2 Milliarden Euro vereinbart, bar gezahlt werden jetzt nur 1,1 Milliarden. Minister Scheuer hofiert die Konzerne und erweckt den Eindruck, auf eine spätere Belohnung zu hoffen. Frei nach dem Motto: erst wird geliefert, bezahlt wird später.
Das lassen wir Verkehrsminister Scheuer nicht durchgehen
Allein innerhalb von drei Geschäftsjahren in den vergangenen 15 Jahren soll Toll Collect laut eines - geheimen(!) - Gutachtens fast 300 Millionen zu viel abgerechnet haben. Verkehrsminister Scheuer wird sich harten Fragen im Haushaltsausschuss stellen müssen. Dieses Toll-Collect-Desaster lassen wir ihm nicht mehr durchgehen. Der Betrieb und die Gewinne der LKW-Maut gehören in öffentliche Hand. Die Politik muss sich ums Gemeinwohl kümmern und nicht um private Konzerninteressen. Nur eine effiziente Kontrolle der Einnahmen und Ausgaben kann das Kartell gegen die Steuerzahler beenden!