Nur 1,3 von 3,9 anvisierten Milliarden Euro und damit lediglich ein Drittel der benötigten finanziellen Mittel sind bei einer am 16. März von den Vereinten Nationen gemeinsam mit der Schweiz und Schweden abgehaltenen Geberkonferenz für den Jemen zusammengekommen. Das ist nicht nur weniger denn je, sondern auch ein ganz besonders großer Skandal angesichts der Tatsache, dass sich das Leid der jemenitischen Bevölkerung von Jahr zu Jahr immer weiter verschlimmert hat.
Während sich der Kriegsbeginn zum siebten Mal jährt, nimmt die humanitäre Krise immer größere Ausmaße an.
Der Krieg, der am 26. März in sein achtes Jahr geht, und die von der Kriegskoalition verhängte Blockade haben laut UN fast 380.000 Menschen das Leben gekostet. Die Dunkelziffer aber liegt deutlich höher. 17 Millionen Menschen leiden an Hunger. Millionen stillende und schwangere Frauen sind akut unterernährt und die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren ist von Unterernährung bedroht – 400.000 stehen gar kurz vor dem Hungertod.
Weil schon seit Jahren nur ein Bruchteil der benötigten Gelder zusammenkommt, musste das UN-Welternährungsprogramm im Januar bereits die Lebensmittelrationen für acht Millionen notleidende Menschen kürzen. Erschwerend kommt hinzu, dass zugesagte Gelder vielfach gar nicht fließen. Insbesondere die Kriegsakteure Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate (VAE) sagen regelmäßig hohe Summen zu, überweisen dann aber nur einen Teil davon. Hilfsorganisationen warnen, dass möglicherweise komplette Programme eingestellt oder Menschen ganz von diesen ausgeschlossen werden müssen. Die jemenitische Wirtschaft steht kurz vor dem Zusammenbruch. Eine fortschreitende Währungsabwertung und Hyperinflation lassen die Preise für Nahrungsmittel und Medikamente immer weiter in die Höhe schnellen. Laut UN-Entwicklungsprogramm UNDP ist der Jemen durch den Krieg in seiner Entwicklung um ein Vierteljahrhundert zurückgeworfen worden.
Auswirkungen des Ukraine-Kriegs
Und jetzt droht wegen des Ukraine-Kriegs und der gegen Russland verhängten Sanktionen noch eine erhebliche Verschlimmerung der Situation. Denn nachdem bereits im vergangenen Jahr unter anderem als Folge der Corona-Pandemie der Weizenpreis um 30 Prozent gestiegen ist, wird erwartet, dass noch einmal 30 Prozent hinzukommen werden. Gestiegene Öl- und Gaspreise treiben die Produktions- und Transportkosten in die Höhe. Vor allem aber sind die Ukraine und Russland weltweit führende Exporteure von Getreide, Pflanzenöl und Düngemitteln. Die Verfügbarkeit für diese lebensnotwendigen Produkte wird massiv sinken und der Preis steigen. Gerade ernährungsunsichere Regionen wie der Jemen werden dadurch mit voller Härte getroffen. Umso beschämender ist, dass die Bundesregierung ihren Beitrag bei der Geberkonferenz im Vergleich zum Vorjahr von 200 auf 110 Millionen Euro fast halbiert hat.
Heuchelei der Regierenden
Noch fataler aber ist, dass die Regierenden der westlichen Industrienationen den Jemenkrieg weiter befeuern – politisch, logistisch und vor allem mit Rüstungsexporten in Milliardenhöhe. Die Bundesregierung schmückt sich nicht nur weiter mit einem tatsächlich aber äußerst löchrigen Waffenembargo gegen Saudi-Arabien, das nicht etwa wegen des Jemenkriegs, sondern wegen der Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggy verhängt wurde, seit der ersten Minute umgangen wurde und ohnehin nicht für gemeinsame europäische Rüstungsprojekte gilt. Sie exportiert auch munter weiter an alle anderen Mitglieder der von Saudi-Arabien und den VAE angeführten Kriegsallianz. Und US-Präsident Joseph Biden hat sein eigenes Versprechen, keine „Angriffshandlungen“ im Jemenkrieg mehr zu unterstützen, längst Lügen gestraft. Nicht nur werden saudische Kampfflugzeuge weiter von den USA gewartet – es wurden auch Rüstungsverkäufe im Wert von hunderten Millionen von US-Dollar vereinbart und Kampfjets sowie ein Kriegsschiff zur direkten Unterstützung der von Drohnen der Ansarollah („Huthis“) getroffenen VAE geschickt.
Alle Hilfsgelder sind nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, solange der Krieg und die Blockade nicht beendet werden. Würden alle Rüstungsexporte an Mitglieder der Kriegsallianz eingestellt, wäre der Krieg in absehbarer Zeit zu Ende. Denn die kriegführenden Staaten verfügen in ihrer großen Mehrheit über keine nennenswerten Rüstungsindustrien, die dies ausgleichen könnten. Nicht umsonst hat das UN-Expertengremium für den Jemen festgestellt, dass sich die Rüstung exportierenden Staaten der Beihilfe zu Kriegsverbrechen mitschuldig machen und dafür auch zur Verantwortung gezogen werden könnten.