Hintergrund:
Die Wartezeiten beim Familiennachzug von afghanischen Staatsangehörigen liegen bei über einem Jahr (siehe Frage 7, Stand Mai 2021; genauer wird dies nicht erfasst). Die Bundesregierung hatte zuletzt eine personelle Aufstockung der Visastellen in den Nachbarländern Afghanistans angekündigt; seit Schließung der deutschen Botschaft in Kabul im Mai 2017 werden die Visaverfahren vor allem in Islamabad und Neu Delhi bearbeitet. Dort kam es von Mai 2019 bis Mai 2021 zu einem Abbau der Stellen im Visumsbereich von 47 auf 39 (ebd., Antwort zu Frage 17).
Im August 2021(Nachbeantwortung vom 30.8. des AA an Ulla Jelpke) betrug die Zahl der Personen aus Afghanistan, die auf einen Termin zur Vorsprache zur Beantragung eines Familiennachzugs warteten: 2.760 in Islamabad und 1.413 in Neu Delhi, das waren insgesamt 4.173 afghanische Angehörige auf einer „Terminwarteliste“. Im ersten Halbjahr 2021 seien insgesamt 624 Familiennachzugsvisa an afghanische Staatsangehörige erteilt worden.
Anfang Mai 2021 waren es noch 1.879 afghanische Angehörige, die in Islamabad auf einen Termin warteten, und 1.138 in Neu Delhi, d.h. insgesamt 3.017 Personen (Frage 2).
»Terror der Taliban und die drohende Hungersnot sind extrem bedrohlich«
Aus der Antwort der Bundesregierung auf die aktuelle Frage ergibt sich, dass sich Ende November / Anfang Dezember 2021 schon 5.707 afghanische Angehörige auf einer Terminwarteliste zur Beantragung eines Visums zur Familienzusammenführung befanden (1.818 in Neu-Delhi und 3.889 in Islamabad). 1.283 Personen waren Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten, die Übrigen Angehörige von anerkannten Flüchtlingen bzw. von sonstigen AfghanInnen mit Aufenthaltsrecht in Deutschland (in seltenen Fällen von Deutschen). Wegen Doppel- und Fehlbuchungen von Terminen liege die tatsächliche Zahl der registrierten Personen vermutlich niedriger als angegeben, erläutert die Bundesregierung.
Weiter heißt es, dass das Personal in den Visastellen in Islamabad und Neu-Delhi temporär verstärkt worden sei – auf aktuell 27 in Islamabad und 20 Stellen in Neu-Delhi -, doch mit insgesamt 47 Stellen an diesen beiden Standorten wurde damit gerade einmal der Personalstand von Mai 2017 wieder erreicht!
Dazu erklärt Gökay Akbulut:
„Immer mehr afghanische Angehörige warten auf den Familiennachzug nach Deutschland. Knapp 6.000 Menschen stehen derzeit auf den Wartelisten der Botschaften, das sind fast doppelt so viele wie vor einem halben Jahr. Die aktuellen Personalaufstockungen reichen bei Weitem nicht, zumal damit nur der Personalstand von vor zweieinhalb Jahren wiederhergestellt wurde. Die Angehörigen in Afghanistan können nicht länger warten: Der Terror der Taliban und die drohende Hungersnot sind extrem bedrohlich. Wenn die Visumsbearbeitung im derzeitigen Tempo weitergeht, dauert es Jahre, bis alle Anträge bearbeitet sind – das ist inakzeptabel. Die neue Bundesregierung steht im Wort: Die Visaverfahren müssen deutlich beschleunigt und vereinfacht werden, hier bedarf es drastischer Maßnahmen und eines Mentalitätenwechsels im Auswärtigen Amt. Es geht um die Verwirklichung des Menschenrechts auf Familienleben!“