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Richter des Bundesverfassungsgerichts in roten Richterroben @ picture alliance/dpa|Uli DeckFoto: picture alliance/dpa|Uli Deck

Karlsruhe stoppt Hauruck-Heizungsgesetz

Nachricht von Dietmar Bartsch, Jan Korte, Petra Pau, Klaus Ernst,

Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch Abend das Vorhaben der Ampel-Koalition, ihr Heizungsgesetz im Eilverfahren durch den Bundestag zu peitschen, gestoppt. Die für Freitag geplante zweite und dritte Lesung im Bundestag dürfe nicht in der laufenden Sitzungswoche stattfinden, legt Karlsruhe fest. Die obersten Richter haben Zweifel daran, dass die Rechte der Abgeordneten in den Beratungen ausreichend gewahrt wurden. Vorangegangen war ein monatelanger, teils heftiger Streit innerhalb der Regierungskoalition über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Für die ohnehin krisengeschüttelte Ampel ist der Karlsruher Richterspruch ein Schuss vor den Bug. Die Union, aus deren Reihen ein Abgeordneter geklagt hatte, geriert sich als Robin Hood für die Rechte der Opposition, vergisst dabei aber, dass auch die Merkel-Regierung regelmäßig im Hauruckverfahren Gesetze durchs Parlament gedrückt hat. "Der Bundestag darf nicht der Durchlauferhitzer sein, durch den die jeweilige Mehrheitskoalition bei Bedarf ihre Gesetze jagt. Die jahrzehntelange Praxis des Durchpeitschens hat Karlsruhe hoffentlich nachhaltig gestoppt", mahnt Dietmar Bartsch und empfiehlt: "Jetzt das Heizungsgesetz zügig und sauber beraten!"

Der Funke Mediengruppe sagt Bartsch weiter. "Das ist eine Ohrfeige für den respektlosen Umgang der Bundesregierung mit dem Deutschen Bundestag. Ich begrüße, dass Karlsruhe dem Gebaren der Ampel einen Riegel vorgeschoben hat. Die Entscheidung ist ein Tiefpunkt für Robert Habeck. Das Debakel um die Gasumlage, der grüne Filz in seinem Haus und dazu der dilettantische Vorgang rund um das GEG. Das alles in nicht einmal zwei Jahren. Robert Habeck kassiert mehr Niederlagen, als jeder Absteiger in der Bundesliga. Effektiver Klimaschutz kann nur von einem Minister vorangetrieben werden, der das Vertrauen der Bürger genießt. Der Vizekanzler hat dieses selbstverschuldet eingebüßt. Das sollte zu einer tiefen Nachdenklichkeit bei Robert Habeck führen. Die Bundesregierung braucht beim GEG einen Neustart.“

Auch der Vorsitzende des Ausschusses für Klimaschutz und Energie, Klaus Ernst, äußert seinen Respekt: "Die Entscheidung des Verfassungsgerichtes ist ein Erfolg für die Demokratie! Es stärkt die Rechte der Opposition gegenüber einer parlamentarischen Mehrheit, die willkürlich Verfahren beschloss, die ohne sachlichen Grund keine ausreichend Zeit zur Beratung ließen." Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau schreibt auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, "das Parlament muss sich endlich wieder selbst ernst nehmen, dies gilt nicht nur für die Opposition".

Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, fodert derweil den Bundeskanzler auf, sich gegenüber dem Parlament zu erklären: "Wer in seiner Ignoranz gegenüber demokratischen Verfahren erst in letzter Minute vom Bundesverfassungsgericht gebremst werden muss, sollte ein Fünkchen Demut zeigen. Die Ampelkoalition ist nicht der Staat. Und sie steht auch nicht über dem Parlament, auch wenn es einige Eiferer in den Regierungsparteien gerne hätten. Die Verantwortung für diese politische und demokratische Vollkatastrophe trägt Bundeskanzler Olaf Scholz. Er sollte sich Freitag in einer Regierungserklärung im Parlament dazu äußern und für die Grenzüberschreitung entschuldigen. Die Koalition sollte die Sommerpause nutzen, um mit der Bevölkerung, sowie Expertinnen und Experten in einen respektvollen Austausch zu treten. Das Ziel muss jetzt sein, Akzeptanz herzustellen und einen sozial gerechten und fachlich fundierten Weg aus den fossilen Energien zu finden."

Mittlerweile haben sich SPD, Grünen und FDP darauf verständigt, ihr Heizungsgesetz in der nächsten reguläre Sitzungswoche Anfang September auf die Tagesordnung des Bundestages setzen zu lassen.


Positionspapier: Förderkonzept: Heizungsgesetz sozial und klimagerecht
Positionspapier: Heizungsgesetz sozial und klimagerecht