von Sahra Wagenknecht, zuerst erschienen in der Frankfurter Rundschau
Immer mehr Menschen bestellen Waren im Internet. Entsprechend hat sich der Umsatz bei Paket-, Express- und Kurierleistungen seit der Jahrtausendwende mehr als verdoppelt. Die Löhne und Arbeitsbedingungen der knapp 500.000 Zusteller sind teilweise katastrophal, was mit der Auslagerung von Arbeit an Subunternehmen zu tun hat. Am Ende solcher Ausbeutungsketten stehen Beschäftigte, die oft nicht mal den Mindestlohn erhalten, wie Prüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit ergeben haben.
Diese Schmutzkonkurrenz drückt ihrerseits die Löhne nach unten: In der Post- und Paketbranche sind die Bruttomonatsverdienste seit 2007 um mehr als 13 Prozent gesunken.
Unternehmen sollen auch für die Arbeitsbedingungen ihrer Subunternehmer haften
Es ist dringend nötig, gegen gnadenlose Ausbeutung und mafiöse Strukturen (nicht nur) in der Paketbranche vorzugehen. Konzerne, die Aufgaben an Subunternehmen auslagern, sollten dafür Sorge tragen, dass auch dort wenigstens Mindestlöhne gezahlt und Sozialbeiträge abgeführt werden. Insofern ist die von Arbeitsminister Hubertus Heil geplante Ausdehnung der Nachunternehmerhaftung auf die Paketbranche ein wichtiger Schritt, der hoffentlich gegen Widerstände in der Union durchgesetzt werden kann.
Allerdings muss auch vor Ort geprüft werden, ob derartige Gesetze eingehalten werden. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit muss personell endlich so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Noch besser wäre es, wenn man die Aufsicht über den Arbeitsmarkt nicht länger einer Unterabteilung des Zolls überlassen würde. Nötig wäre eine unabhängige Arbeitsinspektion, die im Interesse der Beschäftigten gegen Gesetzesverstöße von Unternehmen vorgeht, dazu müssten auch die Dokumentationspflichten für Arbeitgeber verschärft werden.
Trend zum Outsourcing stoppen
Sinnvoll wäre auch, die Paketzustellung wie die Briefzustellung an eine Lizenz zu knüpfen, die man bei Verstößen entziehen kann – zumal immer mehr Verbraucher sich über Mängel bei der Zustellung beschweren. Schließlich müsste der Trend zum Outsourcing gestoppt werden: Es sollte nicht länger möglich sein, Tarifverträge durch Auslagerung von Jobs in Tochterfirmen oder Subunternehmen zu unterlaufen.
Die organisierte Verantwortungslosigkeit der Konzerne muss beendet und die alte gewerkschaftliche Forderung „Ein Betrieb – eine Belegschaft“ neu auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Die Fraktion DIE LINKE. bringt am Donnerstag, 16. Mai den Antrag „Keine Portoerhöhungen ohne Verbesserung der Löhne und des Service“ im Bundestag ein.
Die zu erwartenden Portoerhöhungen für Privatkunden sollen zu einem großen Teil zur Steigerung der Dividenden der Anteilseigner der Deutschen Post AG genutzt werden. DIE LINKE fordert, künftige Portoerhöhungen nur dann zu erlauben, wenn diese die allgemeine Preisentwicklung ausgleichen, zu verbesserten Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen führen oder für den Erhalt und Ausbau der Postinfrastruktur sowie für eine verbesserte Zustellqualität eingesetzt werden.