Ein Rück- und Ausblick von Pia Zimmermann zum Aktionstag für pflegende Angehörige
Sind 55 Wochenstunden unbezahlte pflegerische Sorgearbeit in der häuslichen Pflege ein Resultat guter Pflegepolitik? Das ist der Kraftakt, den überwiegend Frauen oft ohne jede Unterstützung schultern. Sollen wir hinnehmen, dass 44 Prozent der pflegenden Angehörigen über ein Haushaltseinkommen von weniger als 1.000 Euro verfügen und viele von ihnen völlig erschöpft sind? Ist es erstrebenswert, dass die jährliche Wertschöpfung der unbezahlten Pflegearbeit von Angehörigen rund 44 Milliarden Euro entspricht oder ist das nicht eher ein Ausdruck von Ausbeutung?
Es geht darum, diese drängenden Fragen zu stellen – immer und besonders am Aktionstag für pflegende Angehörige, der bundesweit am 8. September begangen wird. Ziel ist die stärkere öffentliche Wahrnehmung pflegender Angehöriger und echte Wertschätzung und Anerkennung pflegerischer Sorgearbeit.
„Aktion“ ist hier auch das Stichwort. Denn daran fehlt es bei der Bundesregierung erkennbar. Wer nicht agiert, muss anhand dieser Zahlen und offenen Fragen aber zumindest reagieren. Doch auch der letzte Koalitionsvertrag der Gro-Ko hegte keine Ambition, etwas zu ändern. Die Messlatte hing tief und war im Grunde mühelos zu überspringen. Das einzige nennenswerte Vorhaben der Bundesregierung für pflegende Angehörige war das Entlastungsbudget. Kurzzeitpflege, Tages- und Nachtpflege sowie die Verhinderungspflege sollten zusammengeführt werden, die Leistungen so flexibler zu nutzen sein. Ein guter Gedanke, der in einer unendlichen Geschichte endete. Die Einführung wurde immer wieder verschoben. Schlussendlich ist nichts passiert. Aus Kostengründen. Die Initiative Entlastungsbudget 2020 zieht für diese Legislaturperiode das Fazit: „Liebe alte Groko, danke für NIX!“