Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE, hat in einem Brief an das Kanzleramt gefordert, die Gasumlage in der Form nicht umzusetzen und stattdessen Möglichkeiten der Beteiligung von Konzernen und Superreichen an den Krisenkosten zu entwickeln:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die per Verordnung der Bundesregierung nach § 26 Energiesicherungsgesetz (EnSiG) festgelegte Gaspreisumlage trifft Verbraucherinnen und Verbraucher hart. Das gleichzeitige Auslaufen von Maßnahmen wie Tankrabatt und 9-Euro-Ticket sorgt für einen Anstieg der Inflation und vergrößert die Not der 13 Millionen von Armut betroffenen Menschen im Land.
Meine Fraktion DIE LINKE hat andere Vorstellungen als Sie davon, wie eine Bundesregierung mit der aktuellen Situation umgehen sollte. Vielleicht teilen wir aber die Auffassung, dass die Wirkung der Gasumlage nach den derzeitigen Regeln verheerend ist. Eine staatlich verordnete Krisenabgabe, die in dieser kritischen Situation Verbraucherinnen und Verbraucher zusätzlich belastet, darf weder auf den Konten von Konzernmanagern, noch auf denen von Aktionären landen. Das muss ausgeschlossen werden! Auch, dass es die Bundesregierung den Gaskonzernen überlässt, ob sie die Mehrwertsteuersenkung an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben, hinterlässt den Eindruck, dass die Regierung milliardenschwere Konzerne dabei unterstützt, das Land auszunehmen. Das kann nicht im Interesse des Parlaments sein. Um die Ungerechtigkeit dieses legeren Verhaltens der Bundesregierung gegenüber Konzernen zu erfassen, sehen Sie sich nur mal die Voraussetzungen für Bürgerinnen und Bürger an, die ALG II beantragen müssen. Die vierseitige „Anlage EK“ schicke ich Ihnen zur Ansicht mal mit, den sechsseitigen Hauptantrag und die Anlagen WEP, KI, HG, VE, MEB, BB, UH 1-4, UF oder SF können Sie sich wegen des Waldes bei Interesse online ansehen.
Nach § 26 Absatz 4 EnSiG ist die Rechtsverordnung „nicht zu verkünden oder unverzüglich aufzuheben, soweit es der Bundestag binnen zwei Monaten nach der Mitteilung verlangt“. Der Bundestag sollte unbedingt von diesem Recht Gebrauch machen. Da aus unserer Erfahrung für eine Zustimmung des Parlaments nicht immer der Inhalt, sondern die Antragsteller relevant sind, möchte ich hiermit den Koalitionsfraktionen die Möglichkeit geben, diesen Beschluss in der kommenden Sitzungswoche selber herbeizuführen, bevor DIE LINKE es verlangt.
Und wir müssen über die Beteiligung der Konzerne bei der Rettung der Wirtschaft reden. Über 60 Mrd. Euro schütten allein die DAX-Konzerne dieses Jahr an Dividenden aus, mitten in der Krise, in der jede Woche zur Mäßigung und zum Sparen aufgerufen wird. Die soziale Marktwirtschaft wird immer mehr zu einer Vollkasko-Wirtschaft, in der ganz selbstverständlich Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Diese Entwicklung müssen wir aufhalten und zurückdrängen. Deshalb sollten wir fraktionsübergreifend Möglichkeiten einer Beteiligung von Konzernen und Superreichen an den Krisenkosten, wie einer Übergewinnsteuer oder einer Vermögensabgabe, entwickeln und ohne Fraktionszwang darüber abstimmen. Meine Fraktion DIE LINKE ist hierzu gesprächsbereit.
Dieses Land ist seit Jahren in einem Krisenzustand. In Krisen müssen Staaten für die Bevölkerung da sein und ihnen Sicherheit bieten. Das hat sich mit 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr-Aufrüstung lange nicht erledigt. Wenn die hohen Energiepreise nach der Belastung der Coronakrise nicht zu einer Abrissbirne für das soziale und kulturelle Leben in den Kreisen, Städten und Dörfern werden sollen, brauchen wir entweder eine Abkehr von der schwarzen Null, oder mindestens ein ‚Sondervermögen Zukunft‘. Nach etlichen Milliardenprogrammen zur Rettung von Konzernen ist es höchste Zeit, mit einem Milliardenprogramm unsere Gesellschaft zu retten, sonst werden wir sie in wenigen Jahren nicht wiedererkennen.