Der Mindestlohn gilt – das heißt aber nicht, dass er auch immer gezahlt wird. Aus einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geht hervor, dass 2,7 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Jahr 2016 für Gehälter unterhalb des Mindestlohns arbeiteten, obwohl sie einen Anspruch darauf hatten. Das entspricht 9,8 Prozent der Beschäftigten. "Der Mindestlohn ist noch löchriger als bisher vermutet und so niedrig, dass Millionen Beschäftigte trotz Arbeit in der Armutsfalle stecken bleiben", kommentiert Jutta Krellmann. "Für ein so reiches Land wie Deutschland ist das eine beispiellose Schande!"
Branchen mit vielen Kleinbetrieben und Minijobs fallen dabei besonders negativ auf. Und der Dienstleistungssektor sticht hervor. Im Hotel- und Gaststättengewerbe erhalten circa 38 Prozent der Beschäftigten nicht den ihnen zustehenden Mindestlohn, im Einzelhandel trifft das auf 20 Prozent der Beschäftigten zu. Deutlich an der Spitze liegen aber die privaten Haushalte, in denen etwa 43 Prozent der Beschäftigten um den Mindestlohn gebracht werden. Auch andere Branchen umgehen den Mindestlohn bei einem erheblichen Teil der Beschäftigten: 17 Prozent in der Nahrungsmittelindustrie, fast zehn Prozent im Baugewerbe oder 7 Prozent in der metallverarbeitenden Industrie.
"Beim ohnehin zu niedrigen Mindestlohn nach unten zu tricksen, bleibt eiskalte Lohndrückerei“, kommentiert Katja Kipping über Twitter. Die Studie zeige erneut: "Echten Schutz vor Armut bieten nur 12 Euro Mindestlohn und eine armutsfeste Mindestsicherung von 1050 Euro", so die Sozialpolitiker der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag.
Beschäftigte müssen sich organisieren
Die Studie belegt zudem, dass Mitbestimmung und Tarifbindung eine große Rolle dabei spielen, ob der Mindestlohn auch gezahlt wird: