Union und SPD versprachen in ihrem Koalitionsvertrag, Rüstungsexporte zu reduzieren. Eineinhalb Jahre später hat die Bundesregierung so viele Waffenexporte genehmigt, wie seit Jahren nicht. Im ersten Halbjahr 2019 waren es bereits mehr, als im gesamten Vorjahr.
Die Große Koalition genehmigte von Januar bis Juni Rüstungsexporte im Wert von 5,3 Milliarden Euro. Im gesamten Jahr 2018 waren es noch 4,8 Milliarden Euro — eine Steigerung zum Vorjahreszeitraum um 107 Prozent.
Zur Überraschung steht Ungarn an der Spitze der Empfängerländer mit einem genehmigten Gesamtvolumen von 1,76 Milliarden Euro. Das deutsche Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann liefert 44 Leopard II Panzer und 24 Panzerhaubitzen. Die Regierung unter Viktor Orban rüstet massiv auf. Im Mai hatte der autoritäre Regierungschef in einer Rede die Verdoppelung des Rüstungshaushaltes angekündigt.
Unter den Empfängerländer finden sich mit Ägypten (800 Millionen Euro) und den Arabischen Emiraten (206 Millionen Euro) zwei Länder, die im Jemen Krieg führen. Im Koalitionsvertrag aus dem März 2018 hatte die Bundesregierung sich vorgenommen, Exporte an „unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligte Staaten“ zu stoppen.
Die Bundesregierung verletzte damit nicht nur die Rüstungsexportrichtlinien und den eigenen Koalitionsvertrag, kritisiert Sevim Dagdelen. „Die Profite der Rüstungsschmieden und geopolitische Interessen sind der Bundesregierung offenbar wichtiger, als Kriege und Konflikte beizulegen“, so die abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.
Kaum Kontrolle über den Verbleib der deutschen Waffen
Die Bundesregierung hatte erst vor zwei Wochen ihre Exportrichtlinien aktualisiert — nach monatelangen Verhandlungen. Sie seien vermeintlich Ausdruck der schärferen Genehmigungspraxis. Der Verbleib exportierter Waffen solle stärker kontrolliert werden. Solche Kontrollen fanden seit ihrer Einführung 2015 allerdings erst sechs Mal statt. Saudi-Arabien war nicht darunter, obwohl das Land die Koalition im Jemen anführt und jahrelang deutsche Rüstungsgüter im Milliardenwert bezog.
Sahra Wagenknecht kritisiert den Anstieg der Rüstungsexporte scharf: „Wenn es nicht einmal möglich ist, die selbst gesteckten Ziele auch nur ein Jahr einzuhalten, braucht es offensichtlich mehr Konsequenz: ein Verbot von Waffenexporten!“ Der Waffennachschub in Krisengebiete müsse unterbunden werden, die Waffenproduktion auf zivile Industrieproduktion umgestellt, schreibt die Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag.