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Doppelverbeitragung von Betriebsrenten abschaffen!

Im Wortlaut von Matthias W. Birkwald,

Von Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Seit Jahren machen entrüstete Betriebsrentner*innen auf eine gravierende Ungerechtigkeit aufmerksam: Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) wurde 2003 in einer Nacht-und Nebelaktion von Horst Seehofer und Ulla Schmidt beschlossen, dass auf Bezüge aus der betrieblichen Altersversorgung (wie z.B. Direktversicherungen) Krankenkassenbeiträge gezahlt werden müssen. Dies gilt auch für Kapitalabfindungen. Im Unterschied zum so genannten halben Beitragssatz, den Rentner*innen für ihre gesetzlichen Renten zahlen müssen, muss bei Betriebsrenten seitdem der so genannte volle Beitragssatz gezahlt werden. Das heißt, sie müssen den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil bezahlen. Ihre Betriebsrenten wurden damit auf einen Schlag um ein Fünftel gekürzt! Diese Regelung traf sogar rückwirkend auch Verträge, die bereits vor 2004 abgeschlossen worden waren. Mit einer Ausnahme: Besserverdienende, die privat krankenversichert sind.

Aber nicht nur die Höhe der Krankenkassenbeiträge bringt viele Betroffene auf die Barrikaden, sondern besonders die Tatsache, dass sie ihre Beiträge oft aus schon verbeitragtem Einkommen (also aus ihrem Nettoeinkommen) und ohne (oder ohne nennenswerte) Beteiligung der Arbeitgeber*in erspart hatten. Hätten Sie ihr Geld in den eigenen Safe gelegt, wäre ihnen im Alter die Belastung mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeitgen erspart geblieben.

Weil aber das Rentenniveau als Folge der Agenda 2010 sinkt, sind Menschen gezwungen, die Lücke durch eigene Vorsorge zu schließen. Dieser Gedanke wurde durch das Gesetzt komplett ad absurdum geführt. "Erst angelockt, dann abgezockt!" – das war auf fast jedem Flugblatt und in fast jeder Protestmail der Betroffenen zu lesen.

Dreiste Lüge von Union und SPD

Eine Neuauflage unseres Antrags (PDF), der die Doppelverbeitragung von Betriebsrenten abschafft und eine zweite Anhörung dazu war nötig geworden, da Union und SPD behaupteten, das Problem im vergangenen Jahr mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz gelöst zu haben. Dass diese Behauptung eine dreiste Lüge war, ist und bleibt, wurde in der Anhörung mehr als deutlich. Denn Schwarz-Rot hatte sie nur für einen sehr geringen Anteil der sogenannten riestergeförderten Betriebsrenten abgeschafft. Wie viele Menschen weiterhin von der Doppelverbeitragung betroffen sind, konnte zwar nicht abschließend geklärt werden, da die Datenlage – und vor allem die Auskunftsfreudigkeit der Krankenkassen – schlecht ist. Aber der beharrliche Versuch der Krankenkassen, das Problem kleinzureden, forderte Gewerkschaften und Arbeitgeber*innen und auch die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) heraus, unzählige Vertragskonstellationen aufzuzählen, die sehr wohl und auch massenhaft von einer doppelten Verbeitragung in der Einzahlungs- und Auszahlphase betroffen seien!

Allein in der Chemischen Industrie gibt es hunderttausende Beschäftigte, die mit eigenen Beiträgen ihre Betriebsrenten besparen.

Während nur noch einzelne Juristen und der Vertreter der Krankenkassen in der Anhörung verzweifelt versuchten, sich mit verfassungsrechtlichen Spitzfindigkeiten und vermeintlichen sozialrechtlichen Grundsätzen herauszureden oder das Problem kleinzureden, war die Mehrheit der Sachverständigen, allen voran Frau Sternberger-Frey von Ökotest, aber auch der DGB und die Arbeitgeber*innen schon einen Schritt weiter: Diskutiert wurden Lösungen und nicht mehr Spitzfindigkeiten. Während sich die Deutsche Rentenversicherung und Frau Sternberger-Frey eindeutig gegen die sozialabgabenfreie Bruttoentgeltumwandlung und in der Konsequenz für eine Verbeitragung nur in der Einzahlphase aussprachen, skizzierten der DGB, die Sozialverbände und auch die Betroffenen selbst als Kompromisslinie eine Rückkehr zur so genannten halben Verbeitragung von allen Betriebsrenten in der Auszahlphase. Sie müssten dann nicht auch noch den Arbeitgeberanteil bezahlen.

Deutlich war aber auch das Plädoyer unseres zweiten Sachverständigen, Herrn Professor Dr. Bieback aus Hamburg: Es müsse endlich diskutiert werden, was wir eigentlich als Betriebsrenten bezeichnen und damit auch fördern wollen. Seine Forderung, dass gute und förderungsfähige Betriebsrenten mindestens zur Hälfte vom Arbeitgeber mitfinanziert werden müssen, unterstützte ich aus vollem Herzen!

Betroffene erstmals als Sachverständige geladen

Was aber unabhängig von der Frage, ob die Blockade der Union sich endlich auflöst und die Doppelverbeitragung von Betriebsrenten für alle Zukunft abgeschafft wird oder zumindest durch die Rückkehr zum so genannten halben Beitragssatz abgemildert wird, besonders wichtig bei dieser Anhörung war: Die Betroffenen, organisiert im Verein der Direktversicherungsgeschädigten, waren erstmals offiziell als Sachverständige im Bundestag eingeladen. Sie hatten mit ihrem Sachverständigen Dietmar Hruschka eine deutliche und mahnende Stimme, der sich auch Union und SPD nicht entziehen konnten.

Wenn gute Betriebsrenten wieder eine echte Ergänzung zur gesetzlichen Rente werden sollen, dann müssen Union und SPD ein zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz vorlegen, das seinen Namen verdient und die Doppelverbeitragung abschafft!