598 Mandate sind im Bundestag vorgesehen, Überhangmandate sorgen aber immer wieder dafür, dass diese Zahl deutlich überschritten wird. Nach der Wahl zum aktuellen Bundestag erhöhte sich die Zahl der Abgeordneten auf 709. So viele wie noch nie. Zu groß, finden zum Beispiel viele Staatsrechtler und auch viele Bürgerinnen und Bürgen. Deshalb hat Friedrich Straetmanns, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, am Freitag gemeinsam mit der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, und dem Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP, Stefan Ruppert, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Wahlrechts vorgestellt.
Kein einfacher Kompromiss
Dieser Vorschlag ist das Ergebnis einer langen gemeinsamen Debatte aller Fraktionen im Rahmen einer von Wolfgang Schäuble initiierten und geleiteten Arbeitsgemeinschaft zur Wahlrechtsreform. Diese konnte sich jedoch auf keinen gemeinsamen Vorschlag einigen, da ein solcher vor allem an der Union scheiterte, die regelmäßig Vorschläge einbrachte, die nur ihr genützt hätten. Der nun vorgelegte Vorschlag ist auch für uns kein einfacher Kompromiss. Die Reduzierung der Wahlkreise führt zwangsläufig zu einer leichten Vergrößerung bestehender Wahlkreise. Das macht es für die gewählten Abgeordneten in einigen Fällen schwieriger, den direkten Kontakt zu ihren Wählerinnen und Wählern zu halten. Angesichts der Wichtigkeit des Themas stand für unsere Fraktion jedoch eine pragmatische Lösung, die für alle tragbar ist, an erster Stelle. Zudem lässt die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nur wenige Stellschrauben für Veränderung übrig.
Detailliert sieht der Gesetzentwurf so aus: Er behält das System des Zweistimmenwahlrechts der personalisierten Verhältniswahl bei und setzt an der Vermeidung von Überhangmandaten an. Dieses System gilt bei vielen bewährt, doch führen gerade die Ausgleichs- und Überhangmandate zu einem Aufwuchs der Abgeordneten-Zahlen. Der neue Vorschlag sieht deren Reduzierung vor, indem das Verhältnis von Listen- und Direktmandaten zugunsten der Listenmandate verändert werden soll: Die Zahl der Wahlkreise wird auf 250 verringert, die Gesamtsitzzahl moderat auf 630 erhöht. Zudem wird das Sitzkontingentverfahren abgeschafft, denn auch dieses Verfahren führt zu unnötigem Ausgleichbedarf für andere Parteien, um den Zweitstimmenproporz bei der Sitzverteilung wieder herzustellen.
Der Ball liegt jetzt im Feld von Union und SPD
Es führt kein Weg an der Verkleinerung des Bundestages vorbei – das sieht ein übergroßer Teil der Bevölkerung so und das sehen wir so. Mit dem aktuellen Wahlrecht steuern wir aber schnurstracks auf eine neue Rekordgröße zu. Der Bundestag könnte wegen der voraussichtlich großen Zahl an Unions-Überhangmandaten und daraus resultierendem Ausgleich sogar die 800er-Marke knacken. Das kann niemand wollen und deswegen ist jetzt die Zeit zu handeln. Der Vorschlag muss nun in den Gremien aller dreier Fraktionen endgültig bestätigt werden und dann hoffen wir auf die Bereitschaft von Union und SPD ihren Teil zu leisten. Der Ball liegt nun in ihrem Feld.