Von Friedrich Straetmanns, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Mit etwas Verspätung meinerseits durch die im Plenum des Bundestages stattfindenden Wahlen, konnte unsere Gesprächsrunde direkt produktiv beginnen, da die Teilnehmerinnen die Wartezeit bereits für einen Einstieg in die Diskussion genutzt hatten. Das weitere Gespräch verlief von Anfang an lebhaft. Große Einigkeit herrschte darüber, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine große Chance für den weiteren Kampf gegen das Sanktionsregime darstellt. Klar war aber auch, dass dieser Kampf weiterhin geführt werden muss, der insbesondere für die von Sanktionen Betroffenen große Anstrengungen bedeutet.
Sanktionsregime diskreditiert
Zwar sind Klagen gegen Sanktionsbescheide überdurchschnittlich erfolgreich, vielen Betroffenen fehlt nach Jahren der Sanktionen und anderen Zumutungen durch die Jobcenter jedoch oft genug die Kraft, sich gegen Bescheide zur Wehr zu setzen. Man muss leider hierbei feststellen, dass dieser Effekt auch durch die Hartz IV-Reformen beabsichtigt war. Nichtsdestotrotz ist das Sanktionsregime bis weit hinein in die Richterinnen- und Richterschaft mittlerweile weitgehend diskreditiert, von der anfänglichen Offenheit bezüglich der Hartz IV-Reformen ist aus meiner Sicht heute nichts mehr zu spüren.
Leider muss auch konstatiert werden, dass die Reformen ihr erklärtes Ziel, einen Niedriglohnsektor zu schaffen, erreicht haben. Dies führt auch dazu, dass sich beim Zugang zum Recht in der Auseinandersetzung mit dem Jobcenter psychologische Hürden ergeben. Viele finden sich in diesem Niedriglohnsektor lieber mit den dort herrschenden miserablen Bedingungen ab, um nicht unter das Regime der Jobcenter zu geraten.
Urteil für den weiteren Kampf nutzen
Um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts für den Kampf gegen das System Hartz IV weiter nutzbar zu machen, müssen wir die Auseinandersetzung verstärkt in Richtung sanktionsfreies Existenzminimum führen. Daneben sollten der Regelsatz und die Tatsache, dass dieser für eine würdige Existenz und gesellschaftliche Teilhabe unzureichend ist, weiter im Fokus stehen. Dies gilt verstärkt durch die dramatisch gestiegenen Kosten der Unterkunft, insbesondere in den Großstädten. Diese Auseinandersetzung werden wir gemeinsam mit dem organisierten Protest von Erwerbslosen, den Gewerkschaften und Verbänden führen.
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