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Eine Frau trägt einen schwarzen Mundschutz mit der Aufschrift #FreeAssange © REUTERS/Hannah MckayFoto: REUTERS/Hannah Mckay

Corona-Risikogruppe: Julian Assange aus der Haft entlassen

Im Wortlaut von Sevim Dagdelen,

Journalist nach einem Jahr Isolationshaft in Lebensgefahr

Von Sevim Dagdelen

 

Seit nunmehr einem Jahr ist der Journalist und Gründer Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London inhaftiert. Die meiste Zeit davon in totaler Isolation. Zuvor saß er aufgrund der politischen Verfolgung durch die USA bereits sieben Jahre in der Botschaft Ecuadors in London fest.

Am 11. April 2019 hat Ecuador unter dem neuen US-hörigen Präsidenten Lenín Moreno das Asyl von Julian Assange auf rechtswidrige Weise beendet und ihn an die britische Polizei ausgeliefert. Seitdem ist der investigative Journalist in Belmarsh inhaftiert. So soll seine Auslieferung an die USA sichergestellt werden, wo ihm wegen der Enthüllung von Kriegsverbrechen 175 Jahre Gefängnis oder die Todesstrafe drohen.

Kriegsverbrechen enthüllt

Julian Assange und Wikileaks hatten 2010 und 2011 hunderttausende geheime Papiere unter anderem zum völkerrechtswidrigen Irak-Krieg ins Internet gestellt. Die Dokumente waren ihnen von der früheren US-Soldatin Chelsea Manning zugespielt worden und belegten unter anderem die Tötung von Zivilisten und das Foltern von Gefangenen.

Für weltweites Aufsehen hatte vor allem das Video „Collateral Murder“ gesorgt, das den Einsatz eines US-Kampfhubschraubers über den Straßen von Bagdad dokumentiert. Von der Bord-Kamera aus ist zu sehen, wie US-Soldaten zwölf unbewaffnete Personen erschießen, darunter zwei für die Nachrichtenagentur Reuters arbeitenden Journalisten, Saeed Chmagh und Namir Noor-Eldeen. Die Soldaten machen dabei aus ihrer Freude am Schießen keinen Hehl. Reuters hatte sich zuvor vergeblich um eine Herausgabe des Videos bemüht.

Kautionsantrag abgelehnt

Bis heute ist nicht einer derjenigen, die das Kriegsverbrechen begangen oder befohlen haben, zur Rechenschaft gezogen worden. Julian Assange, der es vor zehn Jahren publik gemacht hat, soll dagegen im Gefängnis lebendig begraben werden.

Gerade erst ist Julian Assange mit dem Versuch gescheitert, wegen der Corona-Epidemie wenigstens auf Kaution freigelassen zu werden. Die zuständige Richterin im Auslieferungsverfahren, Vanessa Baraitser, wies am 25. März die entsprechenden Anträge zurück. Ihre zynische Begründung: Julian Assange sei ja nicht der einzige Gefangene mit einer schwachen Gesundheit.

Der UNO-Sonderberichterstatter zum Thema Folter, Nils Melzer, hatte im Mai 2019 mit einem unabhängigen Ärzteteam Julian Assange in der Londoner Haftanstalt besucht. Nach seiner Untersuchung kam er zu dem Schluss, dass Julian Assange alle Symptome psychologischer Folter zeigt und unverzüglich aus der Haft entlassen werden muss. Der Schweizer Rechtswissenschaftler blieb bislang  ungehört.

Gesundheitlich vorbelastet

Die Isolationshaft in Belmarsh hat den Gesundheitszustand von Julian Assange weiter verschlechtert. Die Covid-19-Lungenkrankheit jetzt ist ein tödliches Risiko, hatte Julian Assange doch schon in der Vergangenheit unter Atemwegsinfektionen gelitten. Er gehört damit zu den Risikogruppen in der Bevölkerung, die besonderen Schutz bedürfen und deren Infektion es nach Kräften zu verhindern gilt.

DIE LINKE fordert die unverzügliche Freilassung von Julian Assange, weil er akut bedroht ist und sich angemessen vor einer Coronavirus-Infektion schützen können muss. Zwei Gefangene in Belmarsh sind bereits an einer Covid-19-Erkrankung gestorben. Dutzende Jutizvollzugsbeamte haben sich inzwischen krank gemeldet. Es ist nur eine Frage der Zeit, wieviele noch am Coronavirus tödlich erkranken.

Nach jetzigem Stand soll das Verfahren am 18. Mai vor dem Woolwich Crown Court unter Vorsitz von Richterin Bareitser fortgesetzt werden, obwohl wegen der Beschränkungen aufgrund der Corona-Epidemie weder die Anwälte im erforderlichen Maße mit ihrem Mandanten kommunizieren können noch eine Prozessbeobachtung durch die interessierte Öffentlichkeit gewährleistet ist.

Held unserer Zeit

Nicht diejenigen, die wie Julian Assange oder die Whistleblowerin Chelsea Manning Kriegsverbrechen aufdecken, sondern die sie begehen und vertuschen, gehören hinter Gittern. Julian Assange hat für seine Enthüllung von Kriegsverbrechen, Folter und Korruption von Regierungen höchste Anerkennung verdient. Wir sind ihm zu Dank verpflichtet. Er ist ein Held unserer Zeit. Seine Verfolgung durch die USA ist ein Angriff auf unser aller Freiheit.

Die Bundesregierung darf sich angesichts der akuten Bedrohung für das Leben von Julian Assange nicht weiter hinter dem fadenscheinigen Vertrauen in das Rechtssystem des NATO-Partners Großbritannien verstecken. Wer von Menschenrechten und Pressefreiheit spricht, darf zum Schicksal des Dissidenten Julian Assange nicht schweigen. Seine Auslieferung an die USA muss verhindert werden. Freiheit und Gesundheit für Julian Assange!