In etwa acht von zehn Betrieben in Deutschland werden spezielle Regelungen zum Arbeitsschutz in der Corona-Krise umgesetzt, in knapp jedem fünften Betrieb nicht. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (PDF) auf eine Kleine Anfrage von Jutta Krellmann hervor.
In 85 Prozent der Betriebe werden Maßnahmen ohne Beteiligung von Arbeitnehmervertretern umgesetzt, das heißt nur in etwa jedem siebten Betrieb reden diese mit. Während in einem Viertel der großen Betriebe Arbeitnehmervertreter beteiligt sind, ist dies nur in jedem zehnten Kleinstbetrieben der Fall. Die Zuständigen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz, wie Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit, sind in mehr als der Hälfte der Betriebe nicht beteiligt. Während es eine Beteiligung in nahezu allen großen Betrieben gibt, gibt es sie nur in einem Drittel der Kleinstbetriebe.
Es zeigen sich deutliche Unterschiede bei der Umsetzung von einzelnen Arbeits- und Infektionsschutzmaßnahmen nach Betriebsgrößen und Wirtschaftszweigen. In großen Betrieben werden bestimmte Maßnahmen deutlich häufiger umgesetzt als in kleinen Betrieben. Dazu zählen insbesondere: eine veränderte Arbeits- und Pausengestaltung; die Einführung bzw. Erweiterung von Telearbeit oder Homeoffice und der Einbau von Schutzscheiben. In bestimmten Wirtschaftszweigen werden einzelne Maßnahmen deutlich häufiger umgesetzt als in anderen Branchen. Beispielsweise gibt es verkürzte Reinigungsintervalle für Räumlichkeiten und Arbeitsmaterialien in neun von zehn Betrieben in „Erziehung und Unterricht“ aber nicht einmal in jedem dritten Betrieb in „Information und Kommunikation“.
Einige Arbeits- und Infektionsschutzmaßnahmen wurden von der Mehrheit in allen Betriebsgrößen und in allen Wirtschaftszweigen umgesetzt: Beschäftigte mit erkennbaren Symptomen werden konsequent vom Arbeitsplatz ferngehalten; Hinweise auf Nies- und Hustenetikette; konkrete Erläuterungen und Unterweisungen zu den jeweiligen Schutzmaßnahmen im Betrieb; Maßnahmen zur besseren Handhygiene sowie zur Einhaltung des Sicherheitsabstandes von min. 1,5 Meter.
Besondere Maßnahmen für Personen einer Risikogruppe setzt weniger als ein Drittel der Betriebe um. Während dies in zwei Drittel der großen Betriebe geschieht, ist es nur in einem Viertel der Kleinstbetriebe der Fall. Bei den Wirtschaftszweigen ist das Gesundheits- und Sozialwesen mit 54 Prozent Spitze, während die Land- und Forstwirtschaft mit 16 Prozent Schlusslicht ist. Etwa vier von zehn Betrieben in Deutschland sind mit einer Klima- und Lüftungsanlage ausgestattet. Davon hat etwa die Hälfte eine Überprüfung dieser Anlagen als Schutzmaßnahme im Zuge der Corona-Pandemie veranlasst.
Maßnahmen, die mögliche individuelle Belastungen von Beschäftigten berücksichtigen werden nur in etwas mehr als jedem Fünften Betrieb umgesetzt. Zu den möglichen individuelle Belastungen gehören eine hohe Arbeitsintensität oder verstärkte Konflikte mit Kunden. Weder über konkrete Belastungsfaktoren, noch über die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Belastungen und Verhaltensstörungen während der Pandemie, liegen der Bundesregierung Daten vor.
Jutta Krellmann, Sprecherin der Fraktion für Mitbestimmung und Arbeit, kommentiert:
„Die Corona-Krise legt die Lücken beim Arbeitsschutz schonungslos offen. Die Infektionen machen nicht halt vor der Arbeitswelt. Deshalb kann es nicht sein, dass man am Arbeitsplatz einfach alles laufen lässt, während es im privaten Bereich immer mehr Einschränkungen gibt. Wir brauchen Schutzmaßnahmen in jedem Betrieb, um auch dort mögliche Infektionsketten zu durchbrechen. Betriebe, die Leben und Gesundheit ihrer Beschäftigten fahrlässig aufs Spiel setzen, müssen knallhart stillgelegt werden. Manche Arbeitgeber ducken sich weg, wenn es um ihre Pflicht zum Arbeitsschutz geht. Wo es Betriebsräte gibt, läuft es deutlich besser. Aber gerade in kleinen Betrieben gibt es sie viel zu selten. Deshalb muss die Bundesregierung endlich die betriebliche Mitbestimmung stärken. Außerdem brauchen wir energische Arbeitsschutzkontrollen. Es muss besonders da hingeschaut werden, wo die Risiken am größten sind“.
Die Auswertung der Ergebnisse im Einzelnen können Sie hier als PDF herunterladen.