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Bundestag entscheidet über Sterbehilfe

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Die geschäftsmäßige Sterbehilfe ist in Deutschland künftig verboten. Der Bundestag hat am Freitag mit 360 von 602 abgegebenen Stimmen den entsprechenden Gesetzentwurf von Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler u.a. beschlossen. Mit Nein votierten 233 Parlamentarier, 9 Abgeordnete enthielten sich. Drei alternative Gesetzentwürfe waren bereits in einer Vorabstimmung gescheitert. Wir stellen alle vier Entwürfe sowie Reden und Erklärungen unserer Abgeordneten vor.

Das Lebensende ist immer wieder Gegenstand emotionaler Auseinandersetzungen. Wie weit kann die Selbstbestimmung der oder des Sterbenden gehen? Wie selbstbestimmt kann eine Entscheidung für das Sterben überhaupt sein? Sollten die Betroffenen davor geschützt werden, dass Dritte im eigenen Interesse auf sie Einfluss nehmen? Diese ethischen Fragen können nicht richtig oder falsch beantwortet werden. Jede und jeder muss eine eigene und sehr persönliche Abwägung treffen. Daher sind die Fraktionsgrenzen für diese Entscheidung aufgehoben worden und es liegen vier Vorschläge vor, in denen sich Abgeordnete verschiedener Couleur auf gemeinsame Positionen geeinigt haben.

Über die politischen Grenzen hinweg besteht Einigkeit darüber, dass mit einer guten Hospiz- und Palliativversorgung die Zahl der Sterbewilligen verringert werden kann und muss. Die Fraktion DIE LINKE. hat dazu einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Die meisten Schmerzformen sind heute durch moderne Arzneimittel beherrschbar. Zum Teil wird auch in Kauf genommen, dass diese Arzneimittel das Sterben verkürzen. Diese Möglichkeit, auch darüber gibt es keinen Streit, soll bestehen bleiben. Das Gleiche gilt, wenn ein Mensch nicht möchte, dass eine lebensverlängernde Therapie begonnen oder weitergeführt wird. Wenn jemand aber ein Mittel anwendet, um das Leben eines anderen Menschen auf dessen Wunsch hin zu beenden, so ist dies verboten – und soll es nach allen momentan diskutierten Gesetzentwürfen auch bleiben.

Die Bundestagsdebatte am  6. November drehte sich um die Frage, wer einem sterbewilligen Menschen Suizidmittel zur Verfügung stellen darf, damit dieser sein Leben selbst beenden kann (assistierter Suizid). Das ist momentan gesetzlich nicht verboten. Es liegen keine zuverlässigen Zahlen darüber vor, wie häufig etwa Ärztinnen und Ärzte von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Es gibt in Deutschland einen Verein, der bundesweit Suizidassistenz bei Zahlung eines Mitgliedbeitrags durchführt. Ein Unternehmen, das assistierten Suizid als gewerbliche Dienstleistung anbot, wurde gerichtlich untersagt.

Die geringsten Änderungen schlagen die Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann und andere in ihrem Gesetzentwurf vor. In diesem Entwurf wird klargestellt, in welchen Fällen der assistierte Suizid durch Ärztinnen und Ärzte explizit erlaubt ist. Diese werden anhand medizinischer und anderer Kriterien beschrieben, um für die Ärztinnen und Ärzte mehr Rechtssicherheit herzustellen. Ein neuer Straftatbestand wird nicht gefordert. Dieser Gesetzentwurf wird von 108 Abgeordneten getragen.

Der Entwurf der Abgeordneten Renate Künast, Dr. Petra Sitte und anderen will klarstellen, dass die Hilfe zum Suizid grundsätzlich straflos ist. So sollen nichtgewerbliche Organisationsformen, etwa sogenannte Sterbehilfevereine, und die ärztliche Suizidassistenz erlaubt bleiben. Allerdings wollen die Abgeordneten es unter Strafe stellen, wenn Suizidassistenz gewerblich, also mit der Absicht, Gewinn damit zu erzielen, ausgeübt wird. Zudem soll vorgeschrieben werden, wie Sterbehilfevereine und andere Organisationen beraten müssen. Der Entwurf sieht vor, mehr Daten über die Durchführung von Suizidassistenz in Deutschland zu erheben. Dieser Gesetzentwurf wurde von 54 Abgeordneten unterzeichnet.

Die Gruppe um die Abgeordneten Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler und anderen will neben der gewerblichen auch andere Formen der geschäftsmäßigen Suizidassistenz und -förderung unter Strafe stellen. Sterbehilfevereine sollen somit verboten werden, aber auch organisierte Fahrten zu ausländischen Sterbehilfeorganisationen. Ärztinnen und Ärzten wäre es aber weiterhin möglich, ihren Patientinnen und Patienten beim Suizid zu helfen, solange ihre Tätigkeit nicht von vornherein auf Wiederholung angelegt ist. Auch Angehörige oder andere nahestehende Personen sind von der Strafandrohung ausgenommen. Diesen Gesetzentwurf brachten 213 Abgeordnete ein.

Die Gruppe um die Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger und anderen will in ihrem Gesetzentwurf, dass die Hilfe und sowie die Anstiftung zum Suizid generell unter Strafe gestellt wird. Davon wären nicht nur Unternehmen, Vereine sowie behandelnde Ärztinnen und Ärzte, sondern auch etwa Angehörige betroffen. Dieser Gesetzentwurf wird von 35 Abgeordneten getragen.


Florian Schulze