Für ihre Vermittlerrolle im Libyen-Konflikt hat die Bundesregierung Mitte Januar viel Lob geerntet. Beim Gipfel in Berlin hatten sich 16 Länder und internationale Organisationen unter anderem zur Durchsetzung des seit 2011 bestehenden Waffenembargos für Libyen bekannt, darunter die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten. Auf Nachfrage von Sevim Dagdelen, Außenexpertin und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, wurde jetzt bekannt, dass die Bundesregierung in den vergangenen Wochen Waffenlieferungen im Millionenwert an mehrere Länder genehmigt hat, die am Libyen-Konflikt beteiligt sind und das Embargo brechen.
Aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass für das Golfemirat Katar vom 1. Januar bis zum 4. Februar Lieferungen im Wert von 4,3 Millionen Euro genehmigt wurden. Davon entfielen 81.400 Euro auf Kriegswaffen. Die Vereinigten Arabischen Emirate erhalten den Angaben zufolge Rüstungsgüter im Wert von gut 50.500 Euro, die Türkei für 18.600 Euro und Ägypten im Wert von 4.620 Euro. Kriegswaffen seien bei diesen drei Ländern nicht darunter gewesen. Zugleich weißt das Wirtschaftsministerium darauf hin, dass im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 4. Februar "keine Ablehnungen für die Länder Ägypten, Jordanien, Katar, Türkei und Vereinigte Arabische Emirate erteilt" wurden.
Die UNO wirft den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten Waffenlieferungen nach Libyen vor und dem NATO-Mitglied Türkei die Entsendung von Truppen in das nordafrikanische Land. Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate stehen an der Seite von General Khalifa Haftar, der den größten Teil Libyens kontrolliert. Katar, das zum Berliner Libyen-Gipfel nicht eingeladen war, zählt neben der Türkei zu den Unterstützern von Fajis al-Sarradsch, dem Premier der von Muslimbrüdern dominierten Regierung in Tripolis.
Bundesregierung als »Vermittler vollkommen unglaubwürdig«
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Ende Januar den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan scharf kritisiert, seine in Berlin gemachten Zusagen nicht einzuhalten und weiter Kämpfer islamistischer Terrorgruppen nach Libyen zu entsenden: "Wir haben in den vergangenen Tagen türkische Schiffe gesehen, die syrische Milizen nach Libyen begleitet haben." Das bedrohe "die Sicherheit aller Europäer und der Bewohner der Sahelzone", so Macron.
DIE LINKE fordert einen Stopp aller Rüstungsexporte an im Libyen-Krieg beteiligte Staaten. Dagdelen kritisiert, die Regierung mache sich "als Vermittler vollkommen unglaubwürdig", wenn sie weiter Rüstungsexporte an Länder genehmige, die in Libyen militärisch intervenierten. "Wer sonntags ein Waffenembargo auf den Weg bringt, darf montags nicht diejenigen mit Rüstungsexporten belohnen, die es dreist und offen brechen", so die LINKE-Abgeordnete.
Das Auswärtige Amt wiegelt ab. Die Bundesregierung selbst halte sich an das Waffenembargo, so ein Sprecher. "Wenn wir nur einen Hauch eines Zweifels hätten, würden wir dem nachgehen." Zudem seien bis auf Katar an keines der Länder Ausfuhren von Kriegswaffen genehmigt worden. Zu den Kriegswaffen zählen Panzer, Kampfflugzeuge oder vollautomatische Handfeuerwaffen, unter "sonstige Rüstungsgüter" fallen zum Beispiel Revolver, Gewehre sowie Funk- und Radartechnik.