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v.l.n.r. Bundesfinanzminister Christian Lindner, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Regierungsbank im Plenarsaal des Bundestags © picture alliance/dpa|Kay NietfeldFoto: picture alliance/dpa|Kay Nietfeld

Bundeskanzler lebt in Scheinrealität

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Mit einer "Konzertierten Aktion" sucht Bundeskanzler Scholz gemeinsam mit Gewerkschaften, Arbeitgebern, Bundesbank und Wissenschaftlern nach Wegen, Bürger zu entlasten, ohne die Inflation anzuheizen. Das Format "Konzertierte Aktion" wurde erstmals 1967 vom damaligen SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller ins Leben gerufen. Neben explodierender Energiepreise steht die Sorge, dass die Inflation durch eine Lohn-Preis-Spirale zu einer gefährlichen Dauerschleife wird. Konkrete Beschlüsse gab es beim ersten Treffen am Montag nicht. Die Runde soll bis zum Herbst fortgesetzt werden.

"Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Preisexplosion reichen für Millionen Menschen vorne und hinten nicht. Mit der heutigen ‚konzertierten Aktion‘ lenkt Bundeskanzler Olaf Scholz von seiner eigenen politischen Verantwortung ab. Ein Schaulaufen im Kanzleramt zu veranstalten, ist mehr Symbolpolitik als dass es den Menschen konkret hilft", kritisiert Amira Mohamed Ali und fordert: "Ich erwarte vom Bundeskanzler, dass er sich in den Gesprächen positiv auf die Forderungen der Gewerkschaften bezieht. Das Problem unserer Zeit sind zu niedrige Löhne und Renten, nicht zu hohe. Ein Gaspreisdeckel für private Haushalte, wie ihn DIE LINKE und die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi fordern, würde dem Preiswahnsinn ein wirksames Stoppschild setzen. Länder wie Spanien und Portugal haben dies längst umgesetzt, die Bundesregierung muss nachziehen."

Vor dem Treffen äußerte sich auch Dietmar Bartsch skeptisch. Der Bundeskanzler lebe "offenbar in einer Scheinrealität. Die Aussage, dass in diesem Jahr 90 Prozent der Mehrkosten bei kleinen und mittleren Einkommen durch die Entlastungspakete der Ampel ausgeglichen würden, ist schlicht die Unwahrheit. Nicht 90 Prozent der Mehrkosten werden ausgeglichen, sondern Millionen Menschen bleiben auf 90 Prozent der Mehrkosten sitzen", stellte Bartsch richtig. Und weiter:

"Statt schon im Vorfeld die Erwartungen an den heutigen Gipfel zu deckeln, sollte der Gipfel heute die Gaspreise deckeln. Das wäre der europäische Weg. Die exorbitanten Gaspreise sind ein sehr deutsches Phänomen, Frankreich und andere deckeln. Auch bei Lebensmitteln braucht es entschiedenes Handeln. Dass die Bürger mit den steigenden Preisen derart allein gelassen werden, ist ein Armutszeugnis der Ampel. Wenn Scholz in der Preisentwicklung sozialen Sprengstoff sieht, dann muss er das Entschärfungskommando schicken und nicht warten bis der Sprengsatz explodieren könnte. Die Menschen brauchen jetzt deutlich mehr Entlastung im Portemonnaie und einen Preisdeckel auf Energie."