Bluff statt Doppelwumms
Die Gaspreis-Kommission der Bundesregierung hat einen Tag nach der Landtagswahl in Niedersachsen ein zweistufiges Modell zur Entlastung bei den Gaspreisen vorgeschlagen. Im ersten Schritt soll der Bund im Dezember einmalig die jeweilige Abschlagszahlung der Gas- und Fernwärmekunden übernehmen. Diese einmalige Übernahme der Abschlagszahlung entspricht in der Höhe der Abschlagszahlung, die im September 2022 angesetzt war. Im zweiten Schritt soll demnach ab Frühjahr 2023 bis mindestens Ende April 2024 für Haushalte und kleinere Unternehmen eine Preisbremse für ein bestimmtes Kontingent an Gas- und Wärmeverbrauch eingeführt werden. Für die Industrie soll diese Preisbremse bereits ab Januar 2023 gelten.
"Mit den vorliegenden Vorschlägen ist klar: Zigtausende Bürger und Betriebe werden im Winter von den Preisen erdrückt. Für Mieter ist die Übernahme einer Monatsrechnung viel zu wenig. Für den Villenbesitzer, der null Hilfe braucht, dagegen ein toller Deal. Prinzip sozial ungerechte Gießkanne par excellence! Setzt die Ampel diesen Ansatz durch, verbrennt sie Milliarden der Steuerzahler mit nur geringem Rettungseffekt", reagiert Dietmar Bartsch auf die Vorschläge. Stufe 2 komme viel zu spät. "Vermutlich, um die Bürger zum Sparen zu zwingen", mutmaßt Bartsch: "Das ist ein zynischer Plan, weil viele schon am Limit sind."
Auch Wirtschaftsexperte Christian Leye kritisiert die Bundesregierung: "Während andere europäische Länder sehr früh gehandelt haben, verdaddelt die Ampel ohne Not ein halbes Jahr, um einen funktionierenden Gaspreisdeckel zu gestalten - und gibt ihrer Expertenkommission dann nur zweieinhalb Wochen Zeit. Das Ergebnis ist entsprechend mau: Der Deckel kommt wahrscheinlich erst im Frühjahr und ist zudem höchst ungerecht: Die 80-Prozent-Lösung ab Frühjahr bedeutet für einkommensschwache Haushalte, dass sie in ihrem eh schon niedrigeren Gasverbrauch jetzt Einsparpotentiale suchen müssen, wo häufig kaum noch welche sind. Für wohlhabende Haushalte mit einem deutlich höheren Verbrauch dagegen ist es nicht nur einfacher zu sparen, sie kriegen auch noch sinnlos Gaskonsum subventioniert. Dabei ist klar, wo das größte Einsparpotential liegt: Das reichste ein Prozent der deutschen Haushalte verbraucht so viel Energie wie die ärmsten 16 Prozent. Besser wäre es gewesen, 8000 kWh zu subventionieren, sowie 4000 kWh für jeden weiteren Menschen im Haushalt - so wären die Bedürftigen unter dem Schirm und Luxuskonsum würde nicht subventioniert."
In dieser Woche berät der Bundestag den Antrag, in dem die Linksfraktion die Einführung eines Gas- und Strompreisdeckels fordert. "Wir hätten einen wirksamen Deckel längst haben können, wenn die Ampel nicht Monate mit Chaos, Streit und der fatalen Gasumlage zugebracht hätte. Olaf Scholz hatte angekündigt, dass die 'Preise runter müssen'. Diese Ankündigung entpuppt sich zumindest kurz- und mittelfristig als Bluff. Millionen Bürger dürfen sich verschaukelt fühlen. Es ist das Versagen der Ampel, wenn Millionen Bürgerinnen und Bürger im Winter frieren müssen, weil sie die Heizpreise nicht bezahlen können", warnt Dietmar Bartsch.