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Eine Arbeiterin mit Abwaschpaletten in einer gewerblichen Großküche © iStock/kali9

Betriebliches Eingliederungsmanagement: Sechs von zehn Berechtigten erhalten kein Angebot

Nachricht von Jutta Krellmann,

Arbeitgeber sind verpflichtet, Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten (§ 167 SGB IX). Hierdurch soll die aktuelle Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden. Doch ausgerechnet in der Corona-Pandemie geht das Interesse der Unternehmen an solchen Maßnahmen zurück, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Jutta Krellmann hervorgeht. 

Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit der Fraktion DIE LINKE: „Gerade mit Blick auf die vielen schwer an Corona Erkrankten ist es ein Unding, dass sich viele Unternehmen um das Betriebliche Eingliederungsmanagement drücken. Beschäftigte dürfen nicht verschlissen und entsorgt werden. Ihre Arbeitsfähigkeit muss erhalten bleiben. Hier ist die Bundesregierung in der Pflicht. Sie muss fahrlässigen Arbeitgebern auf die Finger klopfen und dafür die Gesetze nachschärfen. Dazu gehört: Betriebs- und Personalräte sollen beim BEM zwingend mitentscheiden können. Denn mehr Mitbestimmung ist der beste Schutz für Beschäftigte. Außerdem brauchen wir einen individuellen Rechtsanspruch für Betroffene, den sie auch einklagen können. Hierbei kann sie ihre Gewerkschaft dann unterstützen. Für Arbeitgeber muss es ernsthafte Folgen haben, wenn sie ein BEM verweigern. Auch hier brauchen wir schärfere Regeln. Außerdem müssen endlich Mindeststandards her, wenn es um die Qualität des BEM geht“.  

Etwa sechs von zehn Berechtigten erhalten kein Angebot zum BEM, obwohl die gesetzliche Regelung dazu bereits seit 2004 besteht, zeigt eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Fast sieben von zehn Beschäftigten, die ein Angebot erhalten, nehmen es auch an. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine repräsentativen Zahlen oder Erhebungen zum Umsetzungsstand von BEM vor.

Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme des BEM ist signifikant erhöht bei Teilnehmenden mit psychischen Erkrankungen, zeigt eine vom BMAS geförderte Studie.  Eine Unternehmensbefragung der Hans-Böckler-Stiftung hat ergeben, dass in etwa neun von zehn befragten Betrieben die BEM-Teilnehmenden zumindest überwiegend im Betrieb gehalten werden.

Aus der Corona-Pandemie ergeben sich nach derzeitigen Erkenntnissen der Bundesregierung keine besonderen Handlungsbedarfe. Die Pflicht zur Durchführung eines BEM besteht auch während der Pandemie fort. BEM-Gespräche können unter Einhaltung der Hygienebestimmungen oder alternativ in digitaler Form weiterhin stattfinden.

Im Corona-Jahr 2020 ist die Zahl der Beratungen von Unternehmen durch die Deutschen Rentenversicherung Bund zum Thema BEM im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent zurückgegangen. Viele Rehabilitationseinrichtungen sind derzeit weniger ausgelastet als in den Vorjahren. Die Beachtung von Abstands- und Hygieneregeln aufgrund der Corona-Virus-Pandemie macht es in den Rehabilitationseinrichtungen erforderlich, die Hygienekonzepte entsprechend anzupassen. Dies kann sich auch auf die Aufnahmekapazitäten der Einrichtungen auswirken.


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