Die durch Belarus erzwungene Umleitung des Ryanair-Fluges von Vilnius nach Minsk und die anschließende Festnahme des belarussischen Oppositionsaktivisten Roman Protasewitsch ist ein Akt staatlicher Luftpiraterie. In der Geschichte hat letztlich keine Repression einem Machthaber dabei geholfen, dauerhaft die Überwindung seiner Macht zu verhindern. Das muss auch Lukaschenko begreifen.
Erneut schert sich eine Regierung nicht um internationale Abkommen im Luftverkehr. Erinnert sei aber auch daran, wie die USA das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten Evo Morales 2013 zur Landung in Wien zwangen, weil Washington fälschlicherweise hoffte, dort den Whistleblower Edward Snowden zu finden und festnehmen zu lassen. Auch dadurch verkam der Völkerrechtsbruch scheinbar zu einer Bagatelle.
So gibt es keine moralische Instanz mehr, die das Völkerrecht wirksam verteidigen könnte. Wer gestern selbst das Völkerrecht gebrochen hat, kann heute nicht glaubhaft einen anderen anklagen, der ebenfalls das Völkerrecht bricht. Dasselbe gilt für das Kosovo und die Krim.
Es kann deshalb nur eine Antwort geben: Die internationale Staatengemeinschaft muss kollektiv aus dem Kreislauf der mal geduldeten und mal angeklagten Völkerrechtsbrüche ausbrechen. Der Weg dorthin kann nur politischer Dialog sein - auch mit Minsk und vor allem mit Moskau.