Die Zahl der in Deutschland lebenden Geflüchteten ist im ersten Halbjahr 2022 auf rund 2,9 Millionen angestiegen. Das ist vor allem eine Folge des Krieges in der Ukraine. Millionen Menschen sind in den vergangenen Monaten vor dem russischen Angriffskrieg geflohen. Die deutschen Behörden haben bis Mitte 2022 knapp 900.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert, so die Antwort der Bundesregierung.
Die Aufnahme von fast einer Million Menschen aus der Ukraine innerhalb kürzester Zeit macht deutlich, dass eine solidarische und unbürokratische Aufnahmepolitik möglich ist. Dies konnte aber nur gelingen, weil Geflüchtete aus der Ukraine nicht in die staatlichen Aufnahmelager und Asylstrukturen gezwungen wurden, die längst zusammengebrochen wären. Auf aufwändige Asylprüfungen wurde verzichtet, die Menschen erhielten Zugang zu Sprachkursen, ungekürzten Sozialleistungen und durften sofort arbeiten. Auch hatten sie die Möglichkeit, bei Verwandten und Freundinnen und Freunden unterzukommen, wenn sie dies wollten. Das sollte Vorbild für eine menschliche Asylpolitik insgesamt sein. Vor allem mit der verpflichtenden Unterbringung von Asylsuchenden in großen Erstaufnahmeeinrichtungen muss Schluss sein. Das darf selbstredend nicht dazu führen, dass staatliche Aufgaben auf Privatpersonen bzw. private Initiativen abgewälzt werden. Es bleibt die Verantwortung des Staates, angemessene Wohnungen für Schutzsuchende zur Verfügung zu stellen.
Von der unkomplizierten Schutzerteilung können allerdings bisher nicht alle profitieren, die aus der Ukraine fliehen mussten. Vor allem Menschen aus afrikanischen Ländern wird ein sicherer Schutzstatus vielfach verweigert. Auch sie haben in der Ukraine alles verloren und brauchen Sicherheit und Unterstützung. Unter den Ukraine-Geflüchteten sind insgesamt nur etwa 2,5 Prozent Drittstaatsangehörige oder Staatenlose. Es geht um eine überschaubare Gruppe, der nun eine massive aufenthaltsrechtliche Verschlechterung droht. Für diese Menschen muss schnell eine Lösung gefunden werden.