Die Mehrheit aller Beschäftigten leistet keine Büroarbeit. Das zeigen Zahlen, die aus der Antwort der Bundesregierung (PDF) auf eine Kleine Anfrage von Jutta Krellmann hervorgehen. Der Anteil der nicht in Büroarbeit Beschäftigten ist von 56,2 Prozent im Jahr 2006 auf 53,7 Prozent im Jahr 2018 gesunken. Etwas weniger als die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland leistet Büroarbeit. Büroarbeit wird angenommen, wenn Beschäftigte häufig mit dem Computer und im Sitzen arbeiteten. Knapp über die Hälfte aller Beschäftigten arbeitet häufig im Sitzen. Während dies für alle Büroarbeitende gilt, ist es bei den Nicht-Büroarbeitenden nur etwa jede/r Achte. Lange, wenig unterbrochene Sitzzeiten stehen u. a. im Verdacht das Risiko für Muskel-Skelett-Erkrankungen zu erhöhen.
Mehr als ein Viertel aller Beschäftigten fühlt sich durch häufiges Sitzen belastet, 2006 waren es ein Fünftel. Büroarbeitende fühlen sich häufiger belastet, als Nicht-Büroarbeitende. Fast ein Drittel der Frauen in Büroarbeit fühlen durch häufiges Sitzen belastet, bei den Männer sind es nur ein Viertel. Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten klagt über Schmerzen im unteren Rücken/Kreuzschmerzen, auch etwa vier von zehn Bürobeschäftigten sind betroffen. Aufgrund dieser Schmerzen haben sich mehr als die Hälfte aller Betroffenen in den letzten zwölf Monaten behandeln lassen, der Anteil bei den Bürobeschäftigten ist sogar etwas höher.
Fast ein Viertel aller Krankentage (AU-Tage) geht auf Muskel-Skelett-Erkrankungen zurück (23,4 Prozent). Diese sind die Diagnosegruppe, auf die die mit Abstand meisten Krankschreibungen zurückgehen. Muskel-Skelett-Erkrankungen verursachten 2018 Produktionsausfallkosten und Ausfall an Bruttowertschöpfung im Umfang von über 50 Milliarden Euro. Dieser Wert ist im Vergleich zum Jahr 2004 um 88 Prozent gestiegen.
Die Wirtschaftszweige mit der meisten Büroarbeit sind das Kredit- und Versicherungsgewerbe (89,3 Prozent), öffentliche Verwaltung (80,8 Prozent) sowie Immobilien, Vermietung Dienstleistungen für Unternehmen (75,0 Prozent). Die Branchen mit der stärksten Zunahme an Büroarbeit sind Land- und Forstwirtschaft (+ 26,8 Prozent), Erziehung und Unterricht (+ 18,5 Prozent) sowie Gastgewerbe (+ 18,3 Prozent).
Jutta Krellmann, MdB, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit für DIE LINKE im Bundestag, kommentiert:
„Arbeitsschutz ist Arbeitgeberpflicht, ob im Betrieb oder im Home Office. Arbeitgeberpräsident Dulger hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank, wenn er die Verantwortung auf die Beschäftigten abwälzt. Die Mehrheit der Beschäftigten kann gar nicht von zuhause aus arbeiten. Auch sie haben in der Corona-Krise ein Recht auf sichere Arbeitsbedingungen. Wir brauchen Schutzmaßnahmen an jedem Arbeitsplatz, um auch dort mögliche Infektionsketten zu durchbrechen. Betriebe, die fahrlässig die Gesundheit ihrer Mitarbeiter gefährden, müssen konsequent dichtgemacht werden. Wer im Home Office arbeitet, ist zwar sicher vor Corona, macht sich im Zweifel aber den Rücken kaputt. Schon heute verursacht das Kosten in Milliardenhöhe. Statt Arbeiten am Küchentisch brauchen wir ordentliche Arbeitsplätze auch zuhause. Die Arbeitgeber müssen für die entsprechende Ausstattung sorgen. Betriebsräte brauchen Mitbestimmungsrechte bei Homeoffice und mobiler Arbeit. Aber besonders da, wo es keine Betriebsräte gibt, muss der Staat besser kontrollieren. Deshalb ist es höchste Zeit für eine verpflichtende Arbeitsschutzerklärung. Arbeitgeber müssten dann den Aufsichtsbehörden regelmäßig mitteilen, was sie für den Arbeitsschutz tun. Elektronisch übermittelt, automatisch geprüft, wie bei der Steuererklärung. Die Arbeitsschutzkontrolleure hätten endlich Anhaltspunkte, wo sie genauer hinschauen müssen“.
Hier können Sie die Auswertung der Ergebnisse im Einzelnen als PDF herunterladen.