Während der Pandemie erweist sich die Arbeitslosenversicherung als wichtige Stütze des Arbeitsmarkts. Das Kurzarbeitergeld verhindert Entlassungen, indem es die Arbeitgeber von Lohnzahlungen und Lohnnebenkosten entlastet und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zumindest einen Großteil des Nettolohns ersetzt. Die Finanzierung der Krisenüberbrückung durch das Kurzarbeitergeld ist jedoch nicht billig.
Im Jahr 2020 entstand bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) ein Defizit von knapp 27 Milliarden Euro, in diesem Jahr werden es voraussichtlich rund 23 Milliarden Euro werden. Die vor der Krise angesparten Rücklagen von 26 Milliarden Euro reichten nicht aus.[i] Wie zwei schriftliche Fragen von Jessica Tatti zeigen, musste aus Steuermitteln massiv zugeschossen werden: In 2020 erhielt die BA vom Bund rund 6,9 Milliarden Euro aus Steuermitteln, für 2021 insgesamt rund 18,3 Milliarden Euro. Beides wurde zunächst als Liquiditätshilfe darlehensweise geleistet. Die Bundesregierung geht davon aus, dass diese Darlehen in Höhe von zusammen rund 25 Milliarden Euro am Ende des Haushaltsjahres 2021 erlassen und die BA damit schuldenfrei gestellt werden wird.[ii]
Jessica Tatti kommentiert: „Während der Pandemie wurden mehr als 25 Milliarden Euro Steuergelder in die Arbeitslosenversicherung umgeleitet. Davon haben Arbeitgeber und Arbeiternehmer gleichermaßen profitiert. Dank des Kurzarbeitergelds konnte ein massiver Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindert werden. Die Arbeitslosenversicherung ist in der Coronakrise der Rettungsanker für die deutsche Wirtschaft.
Der Einsatz der Steuergelder hat sich gelohnt. Aber nicht alle Beschäftigten haben profitiert: Minijobberinnen und -jobber, Selbstständige und Freiberufler wurden weitgehend im Stich gelassen. Denn sie sind in aller Regel nicht über die Arbeitslosenversicherung geschützt. Menschen in Minijobs verloren in der Krise überdurchschnittlich häufig ihre Arbeit, da sie keinen Anspruch auf Kurzarbeit haben. Ihr Arbeitsplatzverlust bleibt in der Arbeitslosenstatistik unsichtbar.
Die Selbständigen wurden besonders heftig von Corona getroffen, wie in der Gastronomie, im Veranstaltungswesen, kleine Ladenbesitzer, Freiberufler im Gesundheitsbereich, der Bildung, in Kunst und Kultur. Die Umsatzausfälle waren oft drastisch und dauerhaft.[iii] Die Wirtschaftshilfen des Bundes decken zwar ein Teil der Kosten ab, nicht aber den entgangenen Gewinn für den Lebensunterhalt.[iv] Das ist eine anhaltende Notsituation. Ich fordere die kommende Bundesregierung auf, schnell tätig zu werden. Denn mit der aktuellen Pandemiewelle steht der nächste Katastrophenwinter für die Selbständigen vor der Tür.
Grundsätzlich müssen alle Erwerbstätigen, auch Selbständige und Minijobber, über die Arbeitslosenversicherung gesichert werden.[v] Zudem braucht es jetzt eine staatliche Überbrückungshilfe, die die elementaren Lebenskosten mit abdeckt.[vi] Das ist gerecht, denn das Kurzarbeitergeld wird momentan zu einem guten Teil aus Steuermitteln bezahlt. Deshalb dürfen Selbständige und Freiberufler nicht schlechter behandelt werden als Unternehmen und abhängig Beschäftigte.“
[i] Zum Haushalt der BA: Link Arbeitsagentur sowie DPA
[ii] Siehe Antwort der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen im November 2021 mit den Arbeitsnummern 109 und 110 vom 23.11.2021, vgl. Bericht in der Rheinischen Post Online
[iii] Zu den Folgen von Corona für Selbständige vgl. etwa Schulze Buschoff, Karin; Emmler, Helge: Selbstständige in der Corona-Krise, WSI Policy Brief 9/2021, Link Hans Böckler Stiftung
[iv] Zu Wirtschaftshilfen: Link BMWi
[v] Zur Ausweitung der Arbeitslosenversicherung auf alle Erwerbstätigen, vgl. BT-Drs. 19/24691 vom 25.11.2020
[vi] Zur Sicherung des Lebensunterhalts durch Wirtschaftshilfen mit einem „fiktiven Unternehmerlohn“ in Höhe von 1.200 Euro, vgl. BT-Drs. 19/23939 vom 3.11.2020