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Alleinerziehende im Teufelskreis

Periodika,

Kirsten Schmitz wollte nie, dass ihr Sohn Jan-Henrik Armut erfahren muss

Kiel. Nie sollte ihr Kind in Armut leben. Das wünschte sich Kirsten Schmitz (40) immer für ihren Sohn Jan-Henrik (8). Vergeblich. Kirsten Schmitz aus Kiel ist eine alleinerziehende Mutter. Viele Jahre hat sie erfolglos um Arbeit gekämpft - wegen Arbeitgebervorbehalten und fehlender Kinderbetreuung. Jetzt hat sie zwar einen Job, aber Sozialleistungen muss sie immer noch beziehen.

Kirsten Schmitz ist eine von rund 200 000 alleinerziehenden Aufstockerinnen in Deutschland. Tendenz steigend. Obwohl sie arbeiten, beziehen Aufstockerinnen Sozialleistungen. Denn in Deutschland, Spitzenreiter in Sachen Billiglohn, müssen Frauen oft im miserabel bezahlten Pflege- und Dienstleistungssektor arbeiten. Zudem bekommen Frauen im Durchschnitt 22 Prozent weniger Lohn als Männer.

Sabina Schutter vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter bezeichnet diese Situation als Teufelskreis. »Die Sozialsysteme drängen Alleinerziehende in jeden noch so schlecht bezahlten
Job«, sagt Schutter, »mit Arbeitszeiten rund um die Uhr, zunehmend schlechteren Löhnen und kurzfristigen Einsatzplanungen«. Was das für die Kinderbetreuung bedeutet, liegt auf der
Hand. Da es an umfassender Kinderbetreuung fehlt, sind Arbeit und Kinder immer seltener vereinbar.

In anderthalb Jahren hat sich Kirsten Schmitz 150-mal beworben. Selten gab es ein Bewerbungsgespräch. Und meist fragten die Arbeitgeber schon beim dritten Satz, ob die tägliche
Kinderbetreuung gesichert sei - auch im Krankheitsfall. Dann war für Kirsten Schmitz wieder mal Endstation. Bis ihr Sohn Jan-Henrik drei Jahre alt war, konnte sie keine Betreuungsmöglichkeit
finden.

Besonders in Westdeutschland ist es schwer, einen Kindergartenplatz zu finden. An Krippenplätze
ist mancherorts gar nicht zu denken. Und wenn es Plätze gibt, dann sind die Eltern im Vorteil, die einen Job haben. »Das ist doch absurd: einen Kindergartenplatz erst bei Arbeit und Arbeit erst bei einem Kindergartenplatz«, sagt Kirsten Schmitz.

Immerhin, irgendwann hat es doch noch geklappt. Heute arbeitet Kirsten Schmitz in einem Mehrgenerationenhaus, 20 Stunden pro Woche für 600 Euro netto. Auch wenn sie nicht von ihrer Arbeit leben kann, für Kirsten Schmitz ist es der schönste Arbeitsplatz der Welt. Denn sie muss sich nicht rechtfertigen, wenn sie mal zu Hause bleibt, weil ihr Kind krank ist. Ihre Chefin hat mit 17 Jahren selbst ein Kind bekommen und allein erzogen. Sie weiß um das harte Leben Alleinerziehender und deren Kinder.

Der achtjährige Sohn von Kirsten Schmitz hat diese Härte kürzlich wieder spüren müssen. Nur er und ein anderes Kind aus seiner Klasse nehmen nicht an einem Frühenglischunterricht teil. Zu gern hätte Kirsten Schmitz ihrem Kind diese Erfahrung erspart, aber sie konnte den Kurs nicht bezahlen.