Auswertung Antwort der Bundesregierung (PDF) auf die Kleine Anfrage "Rekrutierung von und Umgang mit Minderjährigen in der Bundeswehr"
Seit dem Aussetzen der Wehrpflicht setzt die Bundeswehr vermehrt auf die Anwerbung und Rekrutierung Minderjähriger. Das hat eine Kleine Anfrage der LINKEN im Bundestag erneut mit Zahlen untermauert.
So waren es 2011 noch 689 Minderjährige, die sich entweder als Soldatinnen und Soldaten auf Zeit oder zum Freiwilligen Wehrdienst verpflichteten. Nachdem diese Zahl Jahr für Jahr anstieg, sind es 2017 bereits 2126 minderjährige Rekrutinnen und Rekruten. Rund jeder zehnte eingetretene Soldat ist somit minderjährig. Seit 2011 sind der Truppe insgesamt über 10.000 Minderjährige beigetreten (siehe Tabelle S. 2).
UNICEF definiert alle Soldaten unter 18 Jahren als Kindersoldaten. "Dieser schleichenden Normalisierung müssen wir entschieden entgegentreten. Frau von der Leyen sollte hier endlich einen Riegel vorschieben!", fordert Fragesteller Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der LINKEN.
Die Bundesregierung selbst sieht in dem Aufwuchs der Zahlen keine hausgemachten Gründe, sondern erklärt ihn in der Antwort durch die G8-Schulreformen in den Ländern. "Angesichts immer stärker werdender Werbemaßnahmen wirkt das wie eine Nebelkerze. Dann hätten sie sich die Millionen im Werbeetat oder so umstrittene Plakate wie jene auf der Gamescom auch sparen können", kommentiert Müller.
Nebulös ist auch ein anderer vom Verteidigungsministerium genannter Grund für den Anstieg: es gebe "einen wachsenden Regenerationsumfang" in der Truppe. Ob das auf die gestiegene Belastung beispielsweise durch Auslandseinsätze zurückzuführen ist, lässt die Antwort offen (S.4)
Die Bundesregierung beteuert in Ihrer Antwort, alles Notwendige für den Schutz der 17-Jährigen zu unternehmen (S. 2, 4). Gleichwohl gibt es erst seit 2018 eine Dienstvorschrift zur getrennten Unterbringung der Minderjährigen vom Rest der Truppe. Immer wieder waren in den vergangenen Jahren Nötigungen und anderen entwürdigenden Praktiken bekannt geworden. Das Verteidigungsministerium erfässt solche in Zusammenhang mit Minderjährigen erst seit 2018 zentral und hat seitdem noch keine weiteren feststellen können (S. 6 f.)
Auch die Zahl der freiwilligen Austritte innerhalb der ersten sechs Monate hat einen Rekordwert erreicht. So haben im Jahr 2017 203 junge Menschen und damit ca. zehn Prozent ihr Dienstverhältnis widerrufen und sind aus dem Dienst ausgeschieden (S.5).
"Auch das unterstreicht, die Bundeswehr ist kein Ort für Heranwachsende. Und das muss sie auch nicht werden, wenn sie endlich auf die Rekrutierung Minderjähriger verzichten würde!", stellt Müller abschließend fest.