Als am Jahresanfang 2012 bekannt wurde, dass 160 Neonazis mit offenen Haftbefehlen teils seit Jahren gesucht wurden, war die Aufregung zwei Monate nach der Selbstenttarnung des NSU groß. Wie viele unbekannte potenzielle Rechtsterroristen vom Schlage des NSU mochte es noch in der Bundesrepublik geben? Die Zahl war Ergebnis einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE zu offenen Haftbefehlen gegen Neonazis.
Als am Jahresanfang 2022 nicht nur berichtet wurde, dass die Zahl antisemitischer Straftaten mit 3.028 einen neuen Höchststand erreicht hatte, sondern auch, dass der Ermordung einer vierköpfigen Familie durch den Familienvater in Königs Wusterhausen im Dezember 2021 ein antisemitisches Motiv zugrunde lag, war auch das Ergebnis einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion.
Antifaschismus als Kernkompetenz
Die Beobachtung und Dokumentation von Neofaschismus und Rassismus gehört seit vielen Jahren zu den Kernkompetenzen der Fraktion DIE LINKE im Bundestag. Mit Hilfe von regelmäßigen Kleinen Anfragen dokumentieren wir aktuelle Entwicklungen in der extremen Rechten aber auch der Gesellschaft generell. So wurde die Dimension der rassistischen Welle nach der Ankunft einer großen Zahl von Geflüchteten 2015 ff. durch unsere Anfragen genauso dokumentiert, wie der enorme Anstieg rechter Aufmärsche im Zuge der Pegida-Proteste.
Ob Waffenbeschaffung und Schießtrainings von Nazis, rechte Umtriebe in den Sicherheitsbehörden oder Aktivitäten von Reichsbürgern und Neonaziparteien – alle Aspekte der extremen Rechten werden von uns abgefragt.
Diese regelmäßigen Anfragen zu unterschiedlichen Facetten der extremen Rechten haben zwei Funktionen: Sie sollen ein zeitnahes Bild über aktuelle Entwicklungen der Szene und ihrer Verankerung in der Gesellschaft ermöglichen, sie sollen aber zugleich dokumentieren, was staatliche Behörden über die Szene wissen oder auch nicht wissen, was sie verschweigen und was sie nicht in den Blick nehmen. Im besten Fall können solche Anfragen den Staat dazu zwingen, bestimmte Entwicklungen der extremen Rechten genauer in den Blick zu nehmen. Denn Anfragen schaffen Öffentlichkeit, finden eine mediale Widerspiegelung und provozieren Nachfragen.