Ein Werkvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag nach § 631 BGB, bei dem sich ein Auftragnehmer verpflichtet, ein Werk gegen Zahlung durch den Auftraggeber herzustellen. Entscheidend ist dabei, dass die Arbeit nach dem Ergebnis (Werk) und nicht der dafür benötigten Zeit bewertet wird. Klassisches Beispiel für einen Werkvertrag ist, dass eine Handwerksfirma beauftragt wird, im Großraumbüro eine Lüftungsanlage einzubauen. Dabei handelt die beauftragte Werkvertragsfirma unternehmerisch selbstständig. Der Auftraggeber zahlt am Ende den vereinbarten Preis für das vereinbarte Ergebnis – und nicht für Arbeitskräfte oder Arbeitszeit.
Zwei Werkvertrags-Varianten sind sehr kritisch zu betrachten: Erstens Scheinwerkverträge, bei denen es sich eigentlich um Leiharbeit handelt und mit dem die Regulierungen der Leiharbeit unterlaufen werden bzw. Scheinselbstständigkeit vorliegt. Zweitens Onsite-Werkverträge zwischen Betrieben, bei denen die Werkvertragsleistungen auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers ausgeführt werden. Diese Werkverträge führen genauso wie Leiharbeit dazu, dass die Stammbelegschaften reduziert werden. Die Drittfirmen entlohnen die Beschäftigten dann in der Regel deutlich unter dem Tarifniveau der Stammbeschäftigten. Auch die Mitbestimmungsrechte und andere tarifliche Schutzvorgaben gelten nicht.
In der Vergangenheit wurden Onsite-Werkverträge vor allem unter dem Begriff „Outsourcing“ diskutiert – dem Prozess des Auslagerns von Unternehmensaufgaben auf externe Dienstleister mit dem Ziel der Flexibilisierung und Kostenersparnis. Man denke hier etwa an das Betreiben der Werkskantine, die Wartung der IT oder Sicherheitsdienste. Dieser Prozess ist so gut wie abgeschlossen.
Mittlerweile sind Werkverträge aber weit darüber hinaus anzutreffen, nämlich in sogenannten Kernprozessen. Das sind diejenigen Prozesse, die der Erfüllung des Unternehmenszwecks dienen: Warenverräumung im Einzelhandel, Schweißarbeiten im Schiffsbau, Guides in Museen und Gedenkstätten, oder bis Anfang 2021 das Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten in Betrieben der Fleischwirtschaft.
Was die Abgrenzung zu Leiharbeit angeht, waren die von der Bundesregierung 2017 umgesetzten gesetzlichen Änderungen völlig unzureichend: Weiterhin müssen die betroffenen Werkvertragsbeschäftigten beweisen, dass es sich bei ihrem Einsatz um Leiharbeit handelt und nicht um einen Werkvertrag. Dazu fehlen den Betroffenen allerdings in aller Regel die Kenntnisse, da sie keinen Einblick in die Verträge zwischen dem Einsatzbetrieb und dem Betrieb haben, bei dem sie beschäftigt sind.
- Die Fraktion DIE LINKE fordert, dass hier eine Beweislastumkehr vorgenommen wird. Wenn Beschäftigte für einen längeren Zeitraum in die Betriebsorganisation eines anderen Betriebes eingegliedert sind, ist davon auszugehen, dass es sich um Leiharbeit handelt. Der Einsatzbetrieb kann diese Vermutung widerlegen und nachweisen, dass es sich tatsächlich um einen Werkvertrag handelt.
Was Onsite-Werkverträge betrifft, muss ebenfalls eine gesetzliche Regelung eingeführt werden.
- Bei der Vergabe von bisher selbst erledigten Aufgaben an eine Fremdfirma – sofern dies nicht nur gelegentlich erfolgt – ist das Prinzip festzuschreiben, dass die betroffenen Beschäftigten nicht weniger Lohn oder schlechtere Arbeitsbedingungen erhalten als die zuvor für diese Tätigkeit im Betrieb des Auftraggebers üblichen. Der Tarifvertrag muss weiter gelten (s. Tarifbindung). Und Betriebsräte müssen umfassend über den Einsatz, die Ausgestaltung und die Einschränkung von Werkverträgen mitbestimmen können.
Werkverträge in Kernprozessen gilt es darüber hinaus so weit wie möglich zurückzudrängen. Das seit 2021 geltende Arbeitsschutzkontrollgesetz, das unter anderem regelt, dass im Bereich des Kerngeschäfts der Fleischwirtschaft, der Schlachtung, der Zerlegung und der Fleischverarbeitung, in einem Unternehmen kein Fremdpersonal mehr eingesetzt werden darf, kann hier als Vorbild dienen.
Die Fleischbranche kann aber nur der Anfang sein. Es gibt zahlreiche weitere Branchen, in denen dringender Handlungsbedarf besteht. Für eine besondere Missbrauchsanfälligkeit bestimmter Branchen sprechen die überdurchschnittliche Bedeutung prekärer Beschäftigungsmodelle in de facto tariffreien Zonen des Arbeitsmarktes sowie eine sehr hohe Zahl an ausländischen Beschäftigten. Die Bundesregierung selbst schreibt, dass vor allem Menschen ohne Sprachkenntnisse oder mit fehlenden Kenntnissen der Arbeitnehmerrechte eine schwache Position auf dem Arbeitsmarkt haben. Man denke etwa an die Bereiche Pflege, Spedition-, Transport- und Logistikgewerbe oder Reinigung.
- In einem ersten Schritt sind die Kontrollen durch die Arbeitsschutzbehörden sowie die Finanzkontrolle Schwarzarbeit auszuweiten. Sollte sich zeigen, dass die Strukturen in den Branchen ähnlich wie in der Fleischindustrie effektive Kontrollen verhindern oder auch vermehrte Kontrollen keine abschreckende Wirkung zeigen, müssen diese Branchen zwingend gesetzlich reguliert werden.
Weiterführende Informationen zum Thema wie Parlamentarische Initiativen, Reden, Publikationen oder Pressemitteilungen finden Sie über unsere Suche.