Der Strommarkt in Deutschland wurde 1998 als einer der ersten in Europa liberalisiert. Anschließend standen sich auf einem „freien Markt“ Konkurrenten mit riesigen Machtunterschieden gegenüber. Ein starker Konzentrationsprozess begann. An die Stelle eines Wettbewerbs um Marktanteile trat der Wettbewerb um Unternehmensanteile. Vier große Energieversorger (Vattenfall, RWE, EnBW und EON) teilten die Stromübertragungsnetze untereinander auf.
Erst auf Druck der EU-Kommission wurden Netzbetrieb einerseits und die Erzeugung und der Vertrieb von Strom andererseits getrennt. Die Bundesregierung setzte sich aber mit ihrer Auffassung durch, keine eigentumsrechtliche, sondern lediglich eine organisatorische Entflechtung durchzuführen. So gründeten die vier großen Energieversorger zunächst eigene GmbHs, die die Stromnetze betrieben. Inzwischen haben die Konzerne ihre Netztöchter aber größtenteils verkauft, unter anderem an internationale Finanzakteure wie die Commerz Real oder Munich RE. Nur EnBW hat sein Netz behalten. RWE hält noch einen Anteil von rund 25 Prozent an seiner Netztochter.
Erst ab 2005 bekam die Bundesnetzagentur Regulierungsbefugnisse. Sie hat unter anderem die Aufgabe, Obergrenzen für Einnahmen der Stromanbieter aus dem Netzbetrieb (die Netzentgelte) festzulegen. Doch das Verfahren ist intransparent. Wichtige Informationen gelten als „Geschäftsgeheimnis“ und werden zurückgehalten. Ein weiterer wichtiger Tätigkeitsbereich betrifft den Aus- und Umbau der Stromnetze.
Da nach der Liberalisierung nur wenig in die Netze investiert wurde, müssen diese nun modernisiert werden. Die Stromnetze in Deutschland haben eine Länge von rund 1,78 Millionen Kilometer. Der größte Teil entfällt auf die Verteilnetze, die sich aus der Niederspannungsebene (1,16 Millionen km) und der Mittelspannungsebene (507.201 km) zusammensetzen. Über diese Netze läuft die Versorgung von einzelnen Haushalten und Gewerbebetrieben. Auch die meisten Erneuerbare-Energien-Anlagen speisen in das Verteilnetz ein. Die Übertragungsnetze (35.708 km) überwinden hingegen größere Distanzen. Nur fossile Großkraftwerke und großtechnologische Erneuerbare-Energien-Anlagen wie Offshore-Windparks speisen hier ein.
Der Ausbau und Umbau des Stromnetzes ist für die Erneuerbaren Energien unabdingbar. Zusätzliche Leitungen sollen jedoch ebenso für neue fossile Kraftwerke und den wachsenden europäischen Stromhandel gebaut werden.
DIE LINKE beurteilt die im aktuellen Netzentwicklungsplan festgehaltenen Ausbauziele als überdimensioniert und bemängelt die fehlende Prüfung von Alternativen zum Ausbau. Außerdem kritisiert DIE LINKE, dass Anfang 2013 die Netzentgelte kräftig gestiegen sind. Gründe dafür sind neben dem Netzausbau die neue Offshore-Umlage (mit der die Verbraucher eine Art Haftpflicht-Versicherung für Netzanbindungen auf See übernehmen) und die Entlastung der Industrie von Netzgebühren, die wiederum die Verbraucher belastet.
DIE LINKE fordert die Rekommunalisierung der Verteilnetze und die Überführung der Übertragungsnetze in eine staatliche Netzgesellschaft. Öffentliches Eigentum ist sinnvoll, weil die Netze eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen und weil private Netze mit großem Aufwand reguliert werden müssen, um unberechtigte Gewinne Privater zu verhindern. Die Stromnetze gehören als wesentliches Element der Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand.