Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU)
Seit der Verabschiedung des Stasi-Unterlagengesetzes im Deutschen Bundestag 1991 bewegt sich die Arbeit der Behörde in einem nicht nur schwierigen, sondern auch politisch brisanten Widerspruch.
Einerseits leistet sie Unterstützung zur persönlichen und wissenschaftlichen Aufarbeitung der DDR-Geschichte, hilft Betroffenen und Opfern zu ihrem Recht und zu bisher verborgenen Seiten ihrer Geschichte zu kommen. Nach Aussagen der Behörde ist das Interesse an dieser Seite der Arbeit ungebrochen groß.
Diesen Teil der Arbeit der Stasi-Unterlagenbehörde hat sowohl DIE LINKE, als auch ihre Vorgängerpartei PDS immer unterstützt, weil unserer Auffassung nach Opfer uneingeschränkten Zugang zu ihren Akten haben müssen. Außerdem könnte die Erforschung der Strukturen und Arbeitsweisen des Ministeriums für Staatsicherheit – und damit auch exemplarisch der Gefahren, die von staatlich gelenkten Geheimdiensten ausgehen können – einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Bildung und zur politischen Aufklärung leisten.
Andererseits hat diese Behörde mehr als 20 Jahre mit der Bearbeitung der so genannten Regelanfragen im Öffentlichen Dienst dazu beigetragen, alle Bürgerinnen und Bürger aus Ostdeutschland unter Generalverdacht zu stellen.
2014 hat die Bundesregierung mit dem Antrag „Einsetzung einer „Expertenkommission zur Zukunft des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU)“ BT-Drs.: 18/1957 eine Experten-Kommission mit der Erarbeitung von Reform-Vorschlägen für die Arbeit der Behörde beauftragt. Im April 2016 wurden der Abschlussbericht der Kommission an Bundestagpräsidenten Norbert Lammert übergeben. Geplant war, die Empfehlungen der Kommission zu diskutieren und sie in gegebenenfalls modifizierter Form in einem Gesetz umzusetzen.
Die Handlungsempfehlungen des Berichtes sahen u.a. vor:
- Die Stasi-Unterlagen sollen an ihrem bisherigen Platz bleiben und weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich sein, aber unter das Dach des Bundesarchivs kommen. Die Zuordnung der Akten zum Bundesarchiv hat den Vorteil, dass sie archivarisch professioneller betreut und aufgearbeitet werden können.
- Aus dem bisherigen Beauftragten soll eine Art Ombudsmann für die Belange der Opfer werden, der ihre Interessen auf nationaler und internationaler Ebene vertritt. Davon unberührt sind die in den Ländern installierten Beauftragten.
- Von den bisherigen Außenstellen soll bundesseitig jeweils mindestens eine pro Bundesland erhalten bleiben – den Ländern steht frei, weitere zu erhalten und selbst zu finanzieren.
- Aus der Normannenstraße soll eine Gedenkstätte mit pluraler Nutzung werden, für die die Gründung einer eigenständigen Stiftung vorgeschlagen wird. Die bisherigen Mieter sollen bleiben, neu hinzukommen soll das Robert-Havemann-Archiv, es soll Ausstellungen und ein Bildungszentrum geben. Die Kommission empfiehlt, die Gedenkstätte Hohenschönhausen langfristig mit der Stiftung zur Normannenstraße zu fusionieren. Die Stiftung soll zunächst mit der Stiftung Aufarbeitung kooperieren und ggf. zusammengelegt werden.
- Auf dem Gelände in der Normannenstraße soll eine Forschungsstelle eingerichtet werden, die sich in vergleichender Perspektive mit dem Geheimdienst auseinandersetzen soll.
DIE LINKE hat die Empfehlungen der Expertenkommission insgesamt begrüßt, gerade weil eine Professionalisierung der Stasiunterlagenbehörde dringend angeraten ist. Eine Reform der Behörde wäre kein Schlussstrich, sondern ein konstruktiven Schritt in Richtung Versöhnung.
Die Überführung der Akten unter das Dach des Bundesarchives würde für die Betroffenen und die Akten eine deutliche Verbesserung der derzeitigen Lage bedeuten: einfacher Zugang und deutlich verkürzte Wartezeiten!
Die Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD hat mit dem Antrag „Die Aufarbeitung der SED-Diktatur konsequent fortsetzen“ BT-Drs.: 18/8705 die angedachte Reform der Behörde sowie jegliche weitere Diskussionen über die Zukunft der Aufarbeitung und die Empfehlungen der Expertenkommission seitens des Parlaments unterbunden.
Nun soll eine Transformation aus dem Amt des Beauftragten selbst kommen.
Es war DIE LINKE, die seit Jahren die Einsetzung einer Expertenkommission, eine Debatte zur Zukunft der BStU, welche von Beginn an als temporäre Sonderbehörde konzipiert war und die Überführung der Akten ins Bundesarchiv gefordert hat. Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass die Aufarbeitung der Geschichte der DDR nicht auf das Thema Stasi verkürzt werden sollte, sondern diese Geschichte und die Herrschaftsstrukturen der SED in ihrer Gesamtheit sehen muss.
Aufarbeitung darf keine Fixierung auf die MfS-Thematik bedeuten, sondern muss die Geschichte der DDR insgesamt, die Herrschaftsstrukturen der SED und Themenfelder wie Opposition, Widerstand und auch Alltag in der DDR umfassen.
Notwendig ist es, die Debatte um die Aufarbeitung der DDR-Geschichte differenziert zu führen und mit exakt definierten Begriffen zu argumentieren – ohne zu vergessen, dass Begriffe immer in ihrem zeitgeschichtlichen Kontext zu verstehen sind. In der Definition der Begrifflichkeiten drückt sich die Auseinandersetzung um die Deutungshoheit der DDR-Geschichte exemplarisch aus. Der im Antrag der Koalition durchgängig verwendete Begriff SED-Diktatur vereinfacht die Komplexität der notwendigen Aufarbeitung und trägt in sich bereits eine ideologische Färbung.
Im Feststellungsteil des Antrages wird auch konstatiert, dass die BStU mit ihrer Arbeit nicht nur zur Auseinandersetzung der SED-Diktatur, sondern auch „weit darüber hinaus zur gesellschaftlichen Befriedung beigetragen“ habe. Diese Einschätzung der Arbeit der BStU ist aus unserer Sicht in ihrer Pauschalität in Frage zu stellen.