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Stammzellgesetz

Themenpapiere der Fraktion

Das 2001 verabschiedete Stammzellgesetz (StZG) wurde am 11. April 2008 in zweiter und dritter Lesung beraten. Die Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages sprach sich für eine behutsame Fortschreibung des Stammzellkompromisses von 2002 aus.

Die Mehrheit des Bundestages sprach sich dafür aus, dass humane embryonale Stammzellen, die vor dem Stichtag des 1. Mai 2007 im Ausland aus überzähligen Embryonen gewonnen wurden, importiert und für medizinische Forschungszwecke verwendet werden dürfen. Damit wurde der Stichtag vom 1. Januar 2002 verschoben.

Auch 21 anwesende Mitglieder der Fraktion DIE LINKE haben sich dem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag von René Röspel (SPD), Ilse Aigner (CDU/CSU) und Petra Sitte (DIE LINKE) angeschlossen, der im Bundestag die Mehrheit fand. 25 Abgeordnete der LINKEN haben gegen eine Änderung des Stichtags votiert.

Auch wurde die Strafbarkeit von Forscherinnen und Forscher klargestellt und auf das Inland beschränkt. Nicht mehr bestraft wird, wenn Forscherinnen und Forscher aus Deutschland mit Kolleginnen und Kollegen im Ausland kooperieren, die dort mit menschlichen embryonalen Stammzellen forschen, die nach dem deutschen Stammzellgesetz nicht zulässig sind.

DIE LINKE hat, unabhängig davon, ob sich ihre Mitglieder für oder gegen eine Änderung des Stammzellgesetzes ausgesprochen haben, immer betont, dass ethisch weniger umstrittene Forschungsmethoden in Deutschland ein größerer Stellenwert eingeräumt werden muss. Dazu gehören die adulte Stammzellforschung oder die Reprogrammierung adulter Stammzellen zu induzierten pluripotenten Stammzellen, die ähnliche Eigenschaften wie die als "Alleskönner" geltenden embryonalen Stammzellen aufweisen.

Die Abgeordneten der Fraktion, die für eine Verschiebung des Stichtags votierten, wollen einen schonenden Ausgleich zwischen den widerstreitenden Verfassungsgütern - der Menschenwürde und der Forschungsfreiheit - treffen.
Ihrer Meinung nach wird mit der Stichtagsverschiebung einerseits der medizinischen Forschung die Möglichkeit erhalten, mit neuen Stammzelllinien Grundlagenforschung für die Entwicklung von Therapien zur Behandlung von Krankheiten wie Alzheimer oder Krebserkrankungen zu betreiben. Andererseits bliebe mit einem neuen Stichtag der strenge deutsche Embryonenschutz, der zu den restriktivsten weltweit gehört, erhalten. Die Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzelllinien in Deutschland ist nach wie vor nicht erlaubt.

Der neue Stichtag sorgt dafür, dass die Forschung in Deutschland nunmehr Zugang zu über 400 weltweit existierenden Stammzelllinien hat statt der bisher 22 importierbaren und tierisch verunreinigten Linien. Das machte die daraus erzielten Forschungsergebnisse bislang nur eingeschränkt verwertbar.

Die embryonale Stammzellforschung ist notwendig, um zu verstehen, wie adulte Zellen reprogrammiert werden können. Das heißt, die Forschung soll mit der Stichtagsverschiebung auch die Gelegenheit bekommen, gezielt den Weg von einer spezialisierten Zelle zu einer Zelle zurück zu gehen, die sich in fast alle Gewebetypen entwickeln kann. So wie es dem japanischen Forscher Yamanaka gelang, aus einer Hautzelle eine Zelle mit embryonalen Eigenschaften zu entwickeln, die sich in alle rund 200 Zelltypen des menschlichen Körpers entwickeln kann. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass der Körper Spender für den eigenen Zellersatz sein kann.

Angesichts unterschiedlichster Haltungen in der Gesellschaft zum Beginn des menschlichen Lebens und zum Umfang seiner Schutzwürdigkeit haben die sich für eine Stammzellgesetzänderung aussprechenden LINKEN schließlich betont, dass ein pluraler Rechtsstaat nicht mit zwangsrechtlichen Fragen intervenieren und ethische oder moralische Haltungen aufzwingen darf. Deswegen haben sich diese Abgeordneten für die Fortschreibung des geltenden Stammzellgesetzes - als lebendigen und sich bewährender Beweis für einen politischen und ethischen Kompromiss - eingesetzt.

Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE, die sich gegen die Stichtagsverschiebung ausgesprochen haben, führen grundsätzliche Erwägungen an:
Ihrer Auffassung nach rüttelt eine Verschiebung an dem Gerüst des Stammzellkompromisses von 2002 und stößt der verbrauchenden Embryonenforschung die Tür weit auf. Sie setze Anreize, damit im Ausland weiter Embryonen für die Forschung zerstört werden.

Davon ausgehend, dass eine Verschiebung des Stichtages zu Vernutzung von Embryonen führt, sehen die Gegner der Stichtagsverschiebung den Lebens- und Würdeschutz nicht gewahrt, der menschlichem Leben von Beginn an zustünde. Daher müsse der Forschungsfreiheit ethisch-moralische Grenzen gesetzt werden.

Zudem signalisiere eine Änderung des Stichtags, dass Frauen zu Eizellliefernatinnen gemacht werden. Die hormonelle Stimulierung zur Eizellproduktion ist für sie gefährlich und in anderen Ländern ist die künstliche Befruchtung nicht so streng geregelt wie in Deutschland. Daher sollte eine humanistische Forschungspolitik statt der embryonalen Stammzellforschung eher den Fokus auf die adulte Stammzellforschung oder die Reprogrammierung von adulten Zellen legen.

Die Gegner einer Stichtagsänderung haben auch bei der LINKEN angeführt, dass seit 2001 keine wesentlichen Fortschritte in der Grundlagenforschung erzielt worden sind. So gibt es keine praktische Anwendung oder Therapie, die humane embryonale Stammellen verwendet. Adulte Stammzellen hingegen werden bei der Behandlung von Leukämien oder in der klinischen Forschung bei der Behandlung von Herzinfarktpatienten eingesetzt.
Als letztes Argument wird angeführt, dass die Verunreinigungen der Stammzelllinien bereits mit der Verabschiedung des Stammzellgesetzes 2002 bekannt gewesen seien.