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Schufa / Auskunfteien / Bonitätsbewertungen

Themenpapiere der Fraktion

Die Praxis, dass bei Vertragsabschlüssen Bonitätsauskünfte bei Auskunfteien wie der Schufa eingeholt werden, hat sich mittlerweile auf fast alle Lebensbereiche ausgeweitet. Ursprünglich war diese Praxis nur für Kredite vorgesehen. „Schufa“ stammt daher auch von „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“.

Heutzutage ist eine Schufa-Auskunft auch bei Mobilfunk-, Energie- oder Mietverträgen üblich. Doch in diesen Fällen gibt es keine Rechtfertigung für eine zusätzliche Absicherung durch Unternehmen. Anders als bei Kreditverträgen gehen bei diesen Geschäften Verbraucher:innen in Vorleistung, indem sie am Monatsanfang bezahlen oder – bei der Mietwohnung – sogar noch eine Kaution von drei Monatsmieten hinterlegen müssen.

Eine schlechte Bonitätsbewertung (Score) bedeutet regelmäßig, dass ein Vertrag nicht zustande kommt und Verbraucher:innen dann keinen Mobilfunkvertrag bekommen, nicht zu einem günstigeren Stromanbieter wechseln oder keine Wohnung mieten können und schlimmstenfalls auf der Straße landen. Ihnen wird dadurch das Existenzminimum beschnitten. Das missachtet die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte wie das Recht auf angemessenen Wohnraum und es verwehrt in vielen Fällen gesellschaftliche Teilhabe.

Das ausufernde System des Einholens von Bonitätsbewertungen ist armutsdiskriminierend und vergrößert die soziale Spaltung im Land, denn einkommensschwache Menschen sind am ehesten betroffen. Menschen mit schlechtem Score erhalten – wenn überhaupt – Kredite nur zu schlechteren Konditionen und zahlen höhere Zinsen als Wohlhabende. Sie stecken beim teuren Stromgrundversorger fest und können nicht zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Sie bekommen keine günstigen Mobilfunkverträge, sondern sind auf unvorteilhafte Prepaidkarten angewiesen.

Studien (teilweise selbst von der Bundesregierung in Auftrag gegeben) und Recherchen zeigen, dass die Schufa-Daten eine immense Fehlerquote haben, sodass noch weitaus mehr Menschen – oft unverschuldet, sprich trotz tadellosem Zahlungsverhalten – in teils existenzielle Probleme geraten. Bisher werden Auskunfteien für die Schäden, die Fehler in ihren Daten verursachen, kaum in Haftung genommen. Sie reichen den schwarzen Peter gerne an die Unternehmen (Banken, Onlinehändler u. a.) weiter, von denen sie die Daten übermittelt bekommen. Und die wiederum sind für das Scoring nicht verantwortlich.

Hinzu kommt, dass Schufa & Co. ihre Berechnungsmethoden als Geschäftsgeheimnis hüten. Die Kontrolle durch die dafür zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden ist jedoch unzureichend. Sie sind finanziell und personell zu schlecht ausgestattet, sodass sich etabliert hat, dass Auskunfteien Gutachten über die Qualität ihrer Daten und Berechnungsmethoden selbst erstellen oder beauftragen. Das ist nicht hinnehmbar.

Die Bundesregierung sieht dieser Praxis der Auskunfteien, Unternehmen und Vermieter nicht nur seit Jahren tatenlos zu, sie fördert sie politisch. Sie zieht keine Konsequenzen aus den von ihr selbst in Auftrag gegeben Studien und verweigert jeden kritischen Blick auf die Scoringmethoden der Auskunfteien. Zudem betreibt die Bundesregierung Realitätsverweigerung und zeichnet ein Bild, in dem Schufa-Auskünfte nur bei kreditähnlichen Verträgen und in Verträgen, in denen der Gläubiger in Vorleistung geht, üblich seien. Dass sich Bonitätsabfragen weit über diese Vertragsarten hinaus etabliert haben und damit vielen, vor allem ärmeren Menschen wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte verwehren, blendet sie völlig aus. (Das wird deutlich in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion: Schufa blockiert Menschenrechte.)

Daher fordert die Linksfraktion folgende Änderungen im Bereich der Auskunfteien und Bonitätsbewertungen, die sie auch in einem Antrag in den Bundestag eingebracht hat:

  • Das Einholen von Bonitätsauskünften und das Verlangen von Selbstauskünften nur noch bei Krediten erlauben. Bei Verbraucherverträgen (Strom, Mobilfunk etc.) und Mietverträgen sind sie zu verbieten.
  • Verstöße von Unternehmen, Vermietern und Auskunfteien dagegen sind mit Bußgeld zu belegen. Hierbei sind Klagen von Verbraucherverbänden zu ermöglichen.
  • Auskunfteien und deren Vertragspartner müssen verpflichtet werden, die Berechnung von Bonitäten (Scores) derart transparent und nachvollziehbar für Verbraucher:innen offenzulegen, dass diese darüber informiert sind, welche ihrer Daten mit welcher Gewichtung und welchem Einfluss auf den Score in der Berechnung genutzt werden. Im Falle von fehlerhaften Daten und Berechnungen für bei Verbraucher:innen entstandene Schäden müssen die Auskunfteien und deren Vertragspartner haften.
  • Auskunfteien müssen verpflichtet werden, gespeicherte Daten ohne Aufforderung nach spätestens einem Jahr wieder zu löschen.
  • Die Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder sind finanziell, personell und rechtlich so auszustatten, dass diese regelmäßig und anhand unabhängiger behördlich beauftragter Gutachten und Erkenntnisse in der Lage sind, die Auskunfteien zu überprüfen.

Das System der der Bonitätsauskünfte durch privatwirtschaftliche Auskunfteien bedarf einer grundsätzlichen Reform über die genannten Forderungen hinaus. Zur Diskussion steht hier zum Beispiel, diese Aufgabe in öffentliche Hand zu geben, wobei der Staat Transparenz, Datenschutz sowie eine hohe (Daten-)Qualität garantieren muss. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass das System der Bonitätsprüfungen, das sich auf alle Lebensbereiche ausgebreitet hat, aufgrund seiner inhärenten Diskriminierung gänzlich hinterfragt werden muss.


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