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Rüstungsexporte

Themenpapiere der Fraktion

Gebetsmühlenartig behauptet die Bundesregierung seit Jahren, dass sie "eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik" verfolge. Dabei würde sie über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte "im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen" entscheiden.

Die Realität ist eine Andere, wie zahlreiche Anfragen der abrüstungspolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Sevim Dagdelen, zeigen. Danach wurden beispielsweise in den drei vergangenen Wahlperioden (17. und 18. Wahlperiode) zusammen Rüstungsexporte im Wert von ca. 45 Milliarden Euro genehmigt (Bundestagsdrucksachen 19/1986). In der 19. Wahlperiode waren es ca. 23 Milliarden Euro [Anfrage]. In diese Wahlperiode fällt auch das Rekordjahr 2019, als durch die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von ca. 8 Milliarden Euro genehmigt wurden. Der bis dahin höchste Genehmigungswert lag bei 7,9 Milliarden Euro im Jahr 2015.

Daran haben auch die sogenannten „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ geändert, die sich 1971 die damalige Bundesregierung erstmals auferlegte. Danach wurden diese in den Jahren 1982, 2000 und zuletzt 2019 überarbeitet, erweitert und verändert. Sie sollen internationale Normen sowie den EU-Verhaltenskodex von 1998, der 2008 zum rechtlich verbindlichen Gemeinsamen Standpunkt für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern umgewandelt wurde, ergänzen. Allerdings sind die „Politischen Grundsätze“ ganz offenkundig das Papier nicht wert sind, auf dem sie fixiert wurden. Würde die Bundesregierung sich und ihre „Grundsätze“ ernst nehmen, gäbe es faktisch kaum noch Rüstungsexporte. Allerdings sind diese eben auch nicht rechtlich verbindlich. Daran änderte sich auch die von der rot-grün geführte Bundesregierung vorgenommene Überarbeitung im Jahr 2000 nichts.

Schlossen die „Politischen Grundsätze“ aus dem Jahre 1971 zumindest Rüstungsexportgenehmigungen an Nicht-Nato-Mitglieder aus, liefern die Bundesregierungen der vergangenen Jahrzehnte unbeirrt Rüstungsexportgüter in sogenannte Drittländer, d.h. Länder, die weder Mitglied der Nato oder der EU angehören oder diesen gleichgestellt sind. Die Rüstungsexportgenehmigungen an die Gruppe der Drittländer werden vom Wert her in der 19. Wahlperiode auf einem ähnlich hohen Niveau verbleiben wie in der vorherigen. Etwa zwei Drittel gingen da an solche Länder. In der 17. Wahlperiode wurden wertmäßig ca. 45 Prozent der Rüstungsexportgenehmigungen für Drittländer erteilt. Von einer „weiteren“ Einschränkung der Rüstungsexporte für Drittländer, die weder NATO noch EU-Mitgliedsländer, noch diesen gleichgestellt sind, kann also wohl kaum die Rede sein, wie es in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD angekündigt wurde.

Schlimmer noch: Entfielen 2009 bis 2013 und 2013 bis 2017 noch Ausfuhrgenehmigungen in sogenannte Entwicklungsländer in Höhe von jeweils rund 1,8 Milliarden Euro, waren es in der laufenden Genehmigungswerte in Höhe von insgesamt etwa 3,3 Milliarden Euro. Der Anteil am Wert der insgesamt erteilten Genehmigungen verdoppelte sich damit von rund sieben auf aktuell fast 15 Prozent in der 19. Wahlperiode. Neben Ägypten genehmigte die Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode auch Ausfuhren nach Indien, Indonesien und das mit Indien verfeindete Pakistan sowie an Bangladesch, Kenia, Tunesien und die Philippinen. Auch Afghanistan in dieser Legislaturperiode mit 29,8 Millionen Euro unter den zehn größten Empfängern deutscher Rüstungsgüter unter den sogenannten Entwicklungsländern.

DIE LINKE kritisiert immer wieder, dass die bisherigen Bundesregierungen Rüstungsexporte an kriegführende, menschenrechts- und völkerrechtsverletzende Staaten genehmigen. Mit Lieferungen an Saudi-Arabien, das NATO-Mitglied Türkei, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Ägypten werden seit Jahren Staaten beliefert, die für furchtbare Verbrechen im Jemen und Libyen mitverantwortlich sind und zudem islamistische Terrorbanden unterstützen. Exporte in völkerrechtsverletzende Staaten wie die USA oder an Israel müssen ebenso gestoppt werden. Ein Exportverbot in Drittstaaten reicht nicht aus, da aus Deutschland in NATO-Mitglieder wie zum Beispiel die USA exportierte Kleinwaffen immer wieder in Kriegsgebieten und bei islamistischen Terrorgruppen landen. Es ist friedensgefährdend, dass am 07.09.2021 CDU/CSU, SPD, AfD, FDP und Grünen einen Antrag der Fraktion DIE LINKE für einen Rüstungsstopp in die Region um Afghanistan und insbesondere an den Taliban-Unterstützerstaat Pakistan im Deutschen Bundestag abgelehnt haben. ( Drucksache 19/32082 (bundestag.de) )

DIE LINKE tritt deshalb für ein generelles gesetzliches Verbot von Rüstungsexporten ein. Das haben wir als Fraktion mit dem Antrag „Export von Rüstungsgütern verbieten“ (Drs. 19/1339) vom 21.3.2018 deutlich gemacht und im Antrag „Waffenexporte stoppen und gesetzlich verbieten“ (Drs. 19/29963) vom 20.5.2021 noch einmal bekräftigt. Und im Wahlprogramm zur Bundestagswahl heißt es klar: „Wir fordern einen sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte (…). Wir unterstützen ein Rüstungsexportkontrollgesetz für ein gesetzliches Verbot aller Rüstungsexporte.“ Lediglich eine Zusammenführung der derzeitigen gesetzlichen Normen und Vorgaben und der unverbindlichen „Politischen Grundsätze“ sowie kleinere Ergänzungen wie ein Verbandsklagerecht in einem sogenannten Rüstungsexportkontrollgesetz, reichen nicht aus.

 DIE LINKE will auch alle Möglichkeiten beseitigen, mit denen Rüstungsfirmen die Kontrollen in Deutschland umgehen können. So müssen auch Produktionsstätten deutscher Firmen im Ausland unter die deutschen rüstungspolitischen Vorgaben fallen. DIE LINKE. schließt Technologietransfers, Unternehmensbeteiligungen und Lizenzvergaben bezüglich Rüstungsgüter aus. Das gilt für alle Staaten. Auch spezielle Kooperationsregelungen mit befreundeten Staaten wie mit Frankreich, zur Erleichterung von Rüstungsexporten, lehnt DIE LINKE ab, denn über diesen Umweg könnten deutsche Waffen in die ganze Welt gelangen.

Notwendig ist eine Rüstungskonversion, also die Umstellung der Rüstungsunternehmen von militärischer auf zivile Produktion. Diese sollte staatlich unterstützt werden, beispielsweise durch wissenschaftliche Forschungsprogramme, damit die jetzt in der Rüstungsindustrie Beschäftigten auf dem Weg zur zivilen Umgestaltung ihrer Arbeitsplätze mitgenommen werden können.

 


 

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